Breite Finanzierung möglich
Rot-Grün-Gelb braucht Geld für Investitionen. Die Legalisierung von Cannabis wäre eine Option
Berlin. Im Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP sind Steuererhöhungen für Spitzenverdiener und Vermögende ausgeschlossen. Nun stehen die drei Parteien, welche bald über eine gemeinsame Bundesregierung verhandeln werden, vor der Frage, wie sie ihre Vorhaben finanzieren können. Obwohl darüber in offiziellen Statements wenig geredet wird, wäre die Legalisierung von Cannabis eine Möglichkeit, um die staatlichen Einnahmen zu erhöhen. Zwischen den möglichen künftigen Bündnispartnern gibt es bei diesem Thema kaum Differenzen. Sie wollen den Schwarzmarkt bekämpfen, auf dem die Drogen derzeit verkauft werden. Eine Studie von Ende 2018 hatte errechnet, dass dem Staat ein Plus von rund 2,7 Milliarden Euro im Jahr bliebe, wenn der Verkauf von Cannabis auf legalem Weg erfolgen würde.
Autor der Untersuchung war der Wettbewerbsökonom Justus Haucap, der vom Hanfverband beauftragt wurde. Sie basierte auf Schätzungen und ging davon aus, dass der Staat nach der Legalisierung eine CannabisSteuer erheben würde. Die Umsatzsteuer würde noch hinzukommen. Auch würden Tausende neue Arbeitsplätze geschaffen und die Polizei bei ihrer Arbeit entlastet.
Das klingt verlockend. Aber noch ist offen, ob die Legalisierung kommt. Die Koalitionsverhandlungen stehen erst bevor. Der SPD-Vorstand hatte am Freitag für die Aufnahme dieser Gespräche gestimmt. Am Sonntag votierte auch ein Kleiner Parteitag der Grünen mehrheitlich dafür. Der Europaund Finanzpolitiker Sven Giegold räumte in seiner Rede ein, dass es mit der FDP keine grundsätzlichen Änderungen bei der Schuldenbremse geben könne und Steuererhöhungen nicht möglich seien. Giegold betonte aber, dass andere Finanzquellen genutzt werden sollten. Er nannte in diesem Zusammenhang unter anderem die Bekämpfung von Steuervermeidung und Steuerhinterziehung. Ähnliches war zuletzt vom SPDVorsitzenden Norbert Walter-Borjans zu hören. »Wir müssen diese Maßnahmen selbst in die Hand nehmen. Denn wir wissen um die Stärke unseres Wahlergebnisses«, erklärte Giegold. Das Geld solle in den digitalen Aufbruch, Klimaschutz und die Kindergrundsicherung fließen.
Giegold lobte den »kooperativen Stil« in den Sondierungen mit SPD und FDP. Aber dieser Stil werde nun durch das Gerede über Posten gefährdet. Diese Kritik galt offensichtlich der FDP. Deren stellvertretender
Parteichef Wolfgang Kubicki hatte erklärt, dass er seinen Vorsitzenden Christian Lindner in einer möglichen rot-grün-gelben Regierung als idealen Kandidaten für das Amt des Finanzministers sieht. »Wer Zweifel daran hat, dass das alles gelingt – die Finanzierung der Vorhaben ohne Steuererhöhung und ohne neue Schulden – der muss wollen, dass Christian Lindner Finanzminister wird, um zu dokumentieren, dass das funktioniert. Ansonsten hätte die FDP die Torte im Gesicht«,
sagte Kubicki am Samstag dem Radiosender NDR-Info.
FDP-Generalsekretär Volker Wissing stellte sich gegen Personaldebatten. »Ressortfragen stellen sich für uns derzeit überhaupt nicht«, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. »Solche Dinge klären wir am Ende erfolgreicher Koalitionsverhandlungen.« Die FDP-Führung entscheidet am Montag über die Frage, ob diese Gespräche aufgenommen werden. avr