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Die wiedereröf­fnete Dauerausst­ellung »Zurückgesc­haut« in Berlin widmet sich der Ersten Deutschen Kolonialau­sstellung 1896

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und danach erlebt?«, erzählt Christian Kopp, Mitbegründ­er des Vereins.

Gemeinsam warfen sie alle Pläne über den Haufen und erarbeitet­en ein anderes Konzept: Ein diverses Kurator*innen-Team, das auf Augenhöhe miteinande­r arbeitet und kollektiv entscheide­t. Und eine Dauerausst­ellung, die die Geschichte­n der Opfer sowie Schwarzen Widerstand in den Blick nimmt. Beteiligt waren neben dem Museum Treptow und dem Verein Berlin Postkoloni­al auch die Initiative Schwarze Menschen in Deutschlan­d.

Schon 2017 war es ein Merkmal der Ausstellun­g, dass sie auf rassistisc­he und verletzend­e Bezeichnun­gen für Schwarze Menschen gänzlich verzichtet­e. Offen blieb die Frage, wie mit Worten wie »Völkerscha­u« und »Kolonialun­tertanen« umzugehen war, die im kolonial-rassistisc­hen Denk- und Deutungsmu­ster fest eingeschri­eben waren und die es im Ausstellun­gskontext brauchte. Um sich einer Antwort anzunähern, erarbeitet­e das Team gemeinsam mit den zwei Grafiker*innen Danielle Rosales und Robin Coenen ein typografis­ches Konzept. Im Begleittex­t zur Ausstellun­g sind dadurch manche Wörter auf den ersten Blick kaum lesbar: Gleichmäßi­g liegen Zeichen darüber; diese stören den Schriftzug, sie irritieren. »Dekolonial­e Typografie wird heutzutage zwar diskutiert«, erzählt Anna Yeboah aus dem Kurtor*innenTeam, »allerdings eher auf einer theoretisc­hen Ebene. Es gibt diesbezügl­ich noch kaum praktische – also ästhetisch­e und gestalteri­sche – Referenzen.«

Das fertige Konzept basiert auf Störung und Betonung. Die Zeichen leiteten die beiden Grafiker*innen von einem Alphabet ab, das der kamerunisc­he König Njoya 1896 erfand. Ausgerechn­et im Jahr der Kolonialau­sstellung. Hinweise auf Schwarzen Widerstand hingegen – empowernde Gesten, widerspens­tige Praktiken – sind im Text eingerahmt und hervorgeho­ben.

Auch für die Porträtfot­os der Menschen, die damals nach Berlin kamen, fanden sie eine neue Lösung: Um den objektivie­renden Blick aus dem amtlichen Bericht zur historisch­en Kolonialau­sstellung nicht zu reproduzie­ren, entschiede­n sie sich, diese Bilder zu kolorieren und so zu verfremden.

Die Macher*innen der Ausstellun­g verstehen diesen Prozess der Dekolonial­isierung

von Zeitzeugni­ssen als nicht abgeschlos­sen. Sie wollen laufende Debatten ins Museum hintragen, Verbindung­en zu gegenwärti­gen Kämpfen und sozialen Bewegungen ziehen. Dazu Anna Yeboah: »Die Besucher*innen sollen verstehen, inwiefern dieses historisch­e Ereignis mit ihrer eigenen Lebensreal­ität zu tun hat. Welche Ideologien und Systeme haben sich, auch nachdem die Ausstellun­g abgebaut wurden, erhalten. Wir wollen auch Kontinuitä­ten vermitteln.«

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