Angespannte Atmosphäre bei den Konservativen
Friedrich Merz, Markus Söder und Ralph Brinkhaus ziehen den Unmut der Jungen Union auf sich
Der Deutschlandtag der Jungen Union stand ganz im Zeichen der historischen Schlappe für CDU/CSU bei der Bundestagswahl. Schon beim Auftakt des Treffens fielen klare Worte.
Münster. Beim Deutschlandtag der Jungen Union hat der CDU-Politiker Friedrich Merz die dramatische Lage von CDU/CSU nach ihrer Wahlniederlage herausgestellt. Er bezeichnete die Union als »insolvenzgefährdeten schweren Sanierungsfall«. Der ehemalige Unionsfraktionschef wurde beim Einzug in die Halle Münsterland am Freitag begeistert empfangen. Während seiner Rede reagierten die 317 Delegierten deutlich verhaltener auf seine Anmerkungen.
JU-Chef Tilman Kuban forderte zum Auftakt des dreitägigen Treffens der Nachwuchsorganisation von CDU und CSU ein Bekenntnis zur Wahlniederlage. »Wir müssen klar Farbe bekennen. Wir haben die Wahl verloren, und deshalb geht es in die Opposition«,
sagte er. Die Union habe sich zuletzt benommen wie ein Hühnerhaufen. »Deshalb liegt der Ball jetzt im Spielfeld der SPD.« Er gratulierte dem sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten Olaf Scholz zum Wahlsieg.
Die JU-Spitze spricht sich für eine Mitgliederbefragung bei der Suche nach einem neuen CDU-Parteivorsitzenden aus, falls es mehrere Kandidaten geben sollte. Die Union hatte mit ihrem Kanzlerkandidaten Armin Laschet bei der Bundestagswahl vor knapp drei Wochen mit 24,1 Prozent ihr historisch schlechtestes Ergebnis eingefahren und war hinter die SPD zurückgefallen.
CSU-Chef Markus Söder hatte kurz vor dem Treffen abgesagt und damit für Verärgerung beim JU-Vorstand gesorgt. Dass Laschet sich am Samstag der Diskussion bei der Parteijugend stellte, müsse ihm hoch angerechnet werden, erklärte Kuban. Laschet sagte, es müsse wieder gegen den politischen Gegner gehen und »nicht gegeneinander in der Unionsfamilie«.
Laschet hat angekündigt, die inhaltliche und personelle Neuaufstellung der Partei auf Bundesebene moderieren zu wollen. Die CDU will auf einem Sonderparteitag den kompletten Bundesvorstand neu wählen. Doch zunächst soll es am 30. Oktober ein Treffen der Kreisvorsitzenden geben. Dieses Treffen soll dazu dienen, in die Mitgliedschaft hineinzuhorchen. Drei Tage später soll dann von Präsidium und Bundesvorstand entschieden werden, wie die Basis konkret die geplante Erneuerung eingebunden wird.
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus rief die Partei beim Deutschlandtag am Sonntag zu Zuversicht auf. »Man kann ja hinfallen, aber jetzt kommt es darauf an, wieder aufzustehen. Wir haben eine Wahl verloren, sollten aber unseren Stolz nicht verlieren. Ich werde nicht in den Plenarsaal kriechen«, sagte der CDU-Politiker. Mit Hinweis auf Indiskretionen aus internen Sitzungen griff er Parteifreunde scharf an. »Es ist eine Frage der
Haltung. Internes muss intern bleiben«, sagte der Fraktionsvorsitzende. Wer die Haltung nicht habe, dass der politische Gegner nicht in der eigenen Partei ist, der könne den Weg zurück ins Kanzleramt nicht mitgehen.
In der anschließenden Diskussion zog Brinkhaus sich den Unmut der Jungen Union auf sich. Ein Delegierter hatte ihn nach seiner Meinung gefragt, wie die Suche nach einem neuen Parteivorsitzenden aussehen solle. Der CDU-Politiker wollte sich nicht festlegen und verglich den Fragesteller mit einem Journalisten. Tilman Kuban schaltete sich in die Diskussion ein und kritisierte Brinkhaus für die Aussage. Der Gast blieb dabei und verwies auf seine moderierende Funktion in der Bundestagsfraktion. Brinkhaus gilt neben Friedrich Merz, Gesundheitsminister Jens Spahn, dem Außenpolitiker Norbert Röttgen und dem Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann als möglicher Bewerber für die CDU-Spitze und damit als Nachfolger von Parteichef Laschet.