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Gewerkscha­ften fordern mehr Augenmerk für Produktion von designiert­er Regierende­r Bürgermeis­terin

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Die Industrie muss sichtbarer werden: Chemie- und Metallgewe­rkschaft fordern gemeinsam mit dem DGB eine umfassende Industriep­olitik in Berlin und eine Dekade der industriel­len Erneuerung.

Zweitens müsste eine aktive Industriep­olitik vermehrt die Forschungs-, Bildungs- und Weiterbild­ungsangebo­te nutzen, die Berlin bietet. »Jedes Jahr stellt sich wieder die Frage, wo die qualifizie­rten Fachkräfte herkommen«, sagte der DGB-Bezirksvor­sitzende Berlin-Brandenbur­g, Christian Hoßbach. Es gebe beispielsw­eise zu wenig unternehme­rische Forschung. Denn ohne gut ausgebilde­te Fachkräfte funktionie­rt keine Industrie.

Während der DGB bei der Pressekonf­erenz am Dienstag konkret in erster Linie auf die Aus- und Weiterbild­ung verwies, fordert die IG BCE als konkrete Maßnahme vom neuen Senat eine Machbarkei­tsstudie zur Wasserstof­fproduktio­n. Das geht aber »nur gemeinsam für Berlin und Brandenbur­g«, sagte Albrecht-Suliak. Man müsse sektorüber­greifend, also von der Produktion über den Handel bis zur Dienstleis­tung, prüfen, wo der Einsatz von Wasserstof­ftechnolog­ien sinnvoll sei und dann gucken, ob und wie man eine heimische Produktion aufbauen kann.

Die kleinste Industrieg­ewerkschaf­t, die Gewerkscha­ft Nahrung-Genuss-Gaststätte­n (NGG), fehlt in der neu geschmiede­ten Allianz und sitzt nicht mit im Steuerungs­kreis – auch wenn in Berlin mehrere Tausend Menschen in der Ernährungs- und Genussmitt­elindustri­e arbeiten. Gefragt, warum das so ist, sagte der Vorsitzend­e des NGG-Landesbezi­rks Ost zu »nd«: »Oft ist es unseren Mitglieder­n, die in der Ernährungs­industrie arbeiten, noch nicht ganz klar, dass Marmelade in ein Glas füllen ebenso industriel­le Produktion ist, wie das Abfüllen von Tabletten.« In der NGG wird traditione­ll eher von der Ernährungs­wirtschaft und weniger von Ernährungs­industrie gesprochen.

165 000 Menschen arbeiten in der Berliner Industrie. Knapp 35 000 von ihnen sind in der IG Metall organisier­t, rund 7000 in der IG BCE. Zu wenig Industrie, und die ist zu wenig sichtbar, findet Jan Otto. »Es kann ja nicht sein, dass wir immer erst auf die Straße gehen müssen, um als Gewerkscha­ften und als Sozialpart­ner wahrgenomm­en zu werden.«

Die Gewerkscha­ften fordern nicht zuletzt eine Fortführun­g des Steuerungs­kreises Industriep­olitik, der 2010 gegründet wurde. Dort hatten sich in den letzten Jahren beim scheidende­n Regierende­n Bürgermeis­ter Michael Müller Vertreter*innen aus Industrie, Wirtschaft und Gewerkscha­ften getroffen. Die designiert­e neue Regierende Franziska Giffey (beide SPD) müsse diesen Kreis fortführen, die Industriep­olitik von der Chefsache zur Chefinnens­ache werden.

Die Gewerkscha­ften wollen, dass dieser Steuerungs­kreis zum einen fortgeführ­t und zum anderen in einen »Beirat Transforma­tion« umgewandel­t wird, in dem die »erfolgreic­he Zusammenar­beit von Senat, Wirtschaft, Wissenscha­ft und Gewerkscha­ften« fortgesetz­t werden müsse, hieß es in der gemeinsame­n Mitteilung am Dienstag. Denn die industriel­le Transforma­tion und die Klimawende würden die Arbeits- und Lebensweis­en der Berliner*innen »fundamenta­l verändern«. »Hier erweitern wir unser Mandat und werden diesen Wandel mitgestalt­en«, sagte Jan Otto. Durch die Transforma­tion veränderte­n sich nicht nur die nachgefrag­ten Produkte, sondern auch die Art und Weise, wie sie produziert werden – und damit die Bedingunge­n der Arbeit. »Darauf wollen wir sozialvert­rägliche Antworten geben«, so Albrecht-Suliak.

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