Food Environment Policy Index 2021 stellt Deutschland nur mittelmäßiges Ergebnis aus
Gesunde Ernährung ist nicht Sache der Konzerne, sondern der Politik. Deshalb müsse die neue Bundesregierung endlich handeln, fordern Wissenschaftler*innen. es gibt keinen Grund anzunehmen, dass sich dies in Zukunft ändern wird, solange die Regeln freiwillig und unverbindlich bleiben.«
So wird bereits eine halbe Ewigkeit über die sogenannten Nörglerregale im Handel diskutiert – quengelnde Kinder an der Kasse, weil ihnen Süßigkeiten auf Augenhöhe präsentiert werden. Eigentlich ein Leichtes, hier Abhilfe zu schaffen, kostet nur wenig, schmälert aber wohl auch die Gewinne der Unternehmen.
Als ebenfalls erfolgreich einzuschätzende Maßnahme gilt eine gesundheitsförderliche Mehrwertsteuerreform. Gerade in diesen Wochen haben Preissteigerungen bei Obst und Gemüse gezeigt: Verarbeitete, aber oft ungesunde Lebensmittel sind häufig billiger. Vor allem arme Menschen sind so gezwungen, auf gesundes Essen zu verzichten. Hier sei auch die Europäische Union gefragt. Die EU-Umsatzsteuerrichtlinie müsse reformiert werden, um eine vollständige Mehrwertsteuerbefreiung
für gesunde Lebensmittel zu ermöglichen, heißt es im vorgelegten Bericht.
»Dies hat ernsthafte Folgen für unsere Gesundheit: Unausgewogene Ernährungsmuster erhöhen das Risiko für Adipositas (starkes Übergewicht), Diabetes mellitus Typ 2 (Zuckerkrankheit), Herz-Kreislauf-Erkrankungen und verschiedene Krebsarten«, erklärte Diana Rubin, Leiterin des Vivantes-Zentrums für Ernährungsmedizin in Berlin. Dabei sei eine ausgewogene Ernährung nicht nur gut für die Gesundheit. »Besonders vorteilhaft für Klima und Gesundheit ist es, rotes und verarbeitetes Fleisch durch gesunde pflanzliche Lebensmittel zu ersetzen.« Bei der Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch entstünden 30 bis 100 Kilogramm CO2-Äquivalente – 30- bis 100-mal so viel wie für ein Kilogramm Hülsenfrüchte.
»Verschiedene wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass eine Ernährung entsprechend den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft
für Ernährung mit einem deutlich niedrigeren ökologischen Fußabdruck einhergeht als unsere aktuelle Ernährung«, so Rubin. Aktuelle Zahlen sehen ein Viertel der globalen Treibhausgasemissionen durch unsere Ernährung bedingt, zudem sei das Ernährungssystem hauptverantwortlich für den Biodiversitätsverlust, die Entwaldung und den Verlust von Süßwasserreserven.
Manche Maßnahmen wären dabei auch ganz einfach umzusetzen. So empfiehlt die Ernährungswissenschaft Wasser als bestes Getränk zum Durstlöschen. In vielen Ländern ist es selbstverständlich, dass Trinkwasser in Restaurants oder Imbissen kostenlos zur Bestellung dazugereicht wird. Nicht jedoch in Deutschland, wo das Trinkwasser eine gute Qualität hat. Zu teuer sagen Gastronomen. In der neuen Studie wird deshalb auch vorgeschlagen, Gastronomiebetriebe zu verpflichten, Leitungswasser kostenfrei oder gegen eine geringe Servicegebühr abzugeben.