Nordkorea macht Tempo beim Atomwaffenprogramm
Machthaber Kim Jong Un fordert Stärkung der Nuklearstreitkräfte
Nordkorea ist dabei, seine Atomstreitmacht auszubauen. Dafür dienten auch die jüngsten Raketentests. Machthaber Kim Jong Un hat dabei offenbar nicht nur den Zweck der Abschreckung im Sinn.
Seoul. Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un will den Ausbau der Atomstreitkräfte des Landes beschleunigen und ihren Zweck nicht auf die Abschreckung begrenzen. In einer Rede anlässlich einer Militärparade bezeichnete Kim am späten Montagabend (Ortszeit) in Pjöngjang die Nuklearstreitkräfte als »Symbol unserer nationalen Stärke und Kern unserer militärischen Macht«. Sie müssten in Umfang und Qualität verstärkt werden und jederzeit einsatzbereit sein, wurde Kim am Dienstag von den Staatsmedien zitiert. Nordkorea werde deshalb Maßnahmen ergreifen, sie mit »größtmöglicher Geschwindigkeit« weiterzuentwickeln.
Die grundlegende Aufgabe der eigenen Atomwaffen sei die Kriegsabschreckung, doch könnten sie nicht darauf beschränkt bleiben, sagte Kim. »Sollten irgendwelche Kräfte versuchen, die fundamentalen Interessen unseres Staates zu verletzen, müssen unsere Nuklearstreitkräfte ihre unerwartete zweite Aufgabe entschieden durchführen.« Konkreter wurde Kim nicht, doch Beobachter deuten seine Aussagen als eine mögliche Erweiterung der nuklearen Einsatzdoktrin.
Als Vorbild für Nordkoreas »Nuklear-Rhetorik« könnte auch ein kürzlich publiziertes US-Datenblatt gedient haben, schrieb Nordkorea-Experte Joshua Pollack vom Middlebury-Institut für internationale Studien im kalifornischen Monterey auf Twitter. Das sei nicht das erste Mal. Pollack wies dabei auf den Bericht zur Überprüfung der Kernwaffenpolitik vom März dieses Jahres hin, worin von den »vitalen Interessen der USA oder ihren Alliierten und Partnern« die Rede ist, die unter extremen Umständen auch mit Atomwaffeneinsatz verteidigt werden müssten.
Die neue Militärparade Nordkoreas erfolgte in Zeiten größerer Unsicherheit in der Region. Nordkorea hat 2022 bereits mehrfach Raketen getestet – auch eine Interkontinentalrakete (ICBM) –, die einen Atomsprengkopf tragen können. UN-Resolutionen verbieten Nordkorea die Erprobung atomwaffenfähiger Raketen jeglicher Reichweite.
Experten vermuten, dass Pjöngjang mit den Tests auch den Druck auf die USA verstärken will. Deren Verhandlungen mit Nordkorea über dessen Atomprogramm kommen seit mehr als drei Jahren nicht voran. Bei der Truppenschau wurden den Berichten zufolge auch taktische und strategische Waffen vorgeführt, einschließlich der größten nordkoreanischen ICBM vom Typ Hwasongpho-17. Nordkorea hatte diese Rakete nach eigenen Angaben am 24. März getestet.