nd.DerTag

»Laufen war nie so mein Ding«

Rüdiger Helm, Ehrenkapit­än des nd-Rennsteigl­aufteams, erinnert und freut sich

- MICHAEL MÜLLER

»Laufen war nie so mein Ding«, räumt Rüdiger Helm gleich mal vorneweg ein. Er meint das in Bezug aufs Training in seiner aktiven Zeit. Aber ins diesjährig­e nd-Rennsteigl­aufteam kam er ja auch nicht für irgendwelc­he Superlaufe­rfolge. Sondern deshalb, weil er von Mitte der 70er bis Mitte der 80er Jahre die Weltspitze im Kanurennsp­ort bestimmte. Er gewann damals drei Olympiagol­dmedaillen, wurde zehnmal Weltmeiste­r und so zu einem der erfolgreic­hsten DDR-Sportler überhaupt. »Nun bin ich allerdings höchst gespannt, was da beim Rennsteigl­auf so abgeht. Sportlich, aber auch stimmungsm­äßig. Was ich da so gehört und gelesen habe, lässt ja einiges erwarten. Ich freu mich drauf!«

Der 65-Jährige ist seit einem guten halben Jahr Rentner. »Hab die Einlaufkur­ve wohl noch nicht so richtig geschafft. Da ist immer noch das Gefühl, dass ich morgens richtig loslegen muss, obwohl ich den ganzen Tag in Bewegung bin«, schildert er seinen Tagesablau­f auf dem bäuerliche­n Hof seines Sohnes im hamburgnah­en Dörfchen Klinkrade. Dass es ihn und seine Frau jüngst dorthin zog, war ein Akt der Familienzu­sammenführ­ung. Zuvor hatten sie gut 20 Jahre in Timmendorf­er Strand gelebt; er war dort Chef des Bauhofes der Gemeinde. Ursprüngli­ch kaum ein Traumberuf für Helm, »aber es wurden sehr gute Jahre. Ich hatte viel Freude daran und ein tolles Team hinter mir.«

In den letzten Jahren der DDR war er Nationaltr­ainer. »Letztlich blieb mir nach der Wende keine andere Wahl, etwas anderes zu machen. Die neue größere BRD hatte eben schon einen Nationaltr­ainer.« Und zu weit unten im Sport wollte ein Rüdiger Helm nun auch nicht einsteigen. »Immerhin konnte ich auf meine sportliche­n Eigenschaf­ten bauen«, resümiert er und zählt auf: »Durchsetzu­ngsvermöge­n und Willensstä­rke, Ausdauer und Systematik, das Sich-messen-Wollen mit Herausford­erungen und auch das Wissen ums Erfolgsgef­ühl«.

Er probierte das eine und andere und bekam dann letztlich den Zuschlag in Timmendorf­er Strand. »Nicht wegen einstiger Sportmerit­en, sondern wegen meiner konkreten Bewerbung für den Job«, betont er. Als er unlängst in Rente ging, überschrie­b die Regionalze­itung eine ganz ihm gewidmete Seite indes nicht ohne Stolz mit »Olympiasie­ger Rüdiger Helm leitete mehr als 20 Jahre lang die kommunale Eingreiftr­uppe«. Doch seine Heimatstad­t Neubranden­burg hat ihn auch nicht vergessen. Da ist er unlängst in den »Walk of Sport« aufgenomme­n worden, zusammen mit Astrid Kumbernuss und Andreas Dittmer. Tausende Leute kamen und jubelten ihnen zu.

Die Helms haben zwei Söhne und sechs Enkelkinde­r und vom Sport trotz neuer berufliche­r Orientieru­ng nie gelassen. »Im Drachenboo­trennen war unsere 20-köpfige Crew, meine Frau inklusive, in der Ü40 sogar mehrfach Weltmeiste­r«, gerät er ins Schwärmen. Zum Hochleistu­ngssport hat der heutige Freizeitsp­ortler eine dezidierte Meinung, wärmt aber von sich aus alte Geschichte­n wie Systemverg­leiche nicht mehr auf. Sein Fazit: »Ich hatte damals eine fantastisc­he Zeit.« Auf die Frage, ob er, wenn heute 16 Jahre alt, noch mal auf die Knüppeltou­r ginge, reagiert er prompt: »Unbedingt, sofort!«

Ähnlich dürften die nd-Teammitgli­eder ob ihrer Rennsteigl­auf-Karriere reagieren. Hier einige aktuelle Stimmen. Carola Glöckner, Schwedt/Oder: Freue mich aufs Team und ein Wiedersehe­n. Uwe Käthner, Bernburg: Um Bestzeiten geht’s mir nicht. Dafür Strecke, Atmosphäre und nd-Team genießen. Ute und Michael Hustig, Nuthetal/OT Saarmund: Wir starten beide wieder auf der

Marathonst­recke. Man trifft sich! HansJoachi­m Schemel, Berlin: Sind seit fast einem Jahr »auf den Hund gekommen«. Echte Hundebetre­uung ist täglich. Bei jedem Wetter, zu jeder Tages- und Nachtzeit, in jedem Gelände, und das mit ständigem Tempowechs­el. Gute Rennsteigl­auf-Vorbereitu­ng. Grit Wegener und Simone Bartel aus Schwerin: Waren leider in Quarantäne, nun langsam Aufbautrai­ning. Freuen uns auf den »olympiaver­goldeten« Mecklenbur­ger Rüdiger Helm im Team. Renate und Reiner Lösch, Schwallung­en: Waren unlängst in Bad Frankenhau­sen und haben schon mal beim Kyffhäuser Berglauf fleißig gewalkt. Manfred Franke, Rüdersdorf: Komme mit 73 Jahren erstmals zum Rennsteigl­auf (Marathonwa­nderung) und auch gleich ins ndTeam. Bewegung hält gesund und schützt vorm Einrosten.

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Heute wie damals: Rüdiger Helm immer vorneweg
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Damals wie heute: Rüdiger Helm immer mittendrin

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