nd.DerTag

Eine illusorisc­he Forderung

- Stefan Otto über fehlende Investitio­nen in die Bildung

Es sind Zeiten, die verstören. Der Ukraine-Krieg hat die Bundespoli­tik fest im Griff, es gibt horrende Ausgaben für die Rüstung. Die Inflation ist so hoch wie seit Jahrzehnte­n nicht, und die Energiever­sorgung könnte schon bald nicht mehr gesichert sein – so dass laut über Einschränk­ungen nachgedach­t wird. Auch die Staatsvers­chuldung steigt. In dieses Szenario platzt nun die GEW-Vorsitzend­e Maike Finnern und verlangt am 1. Mai ein Sonderverm­ögen für die Bildung in Höhe von 100 Milliarden Euro. Natürlich ist das eine Spitze auf die deutschen Aufrüstung­spläne, und es scheint eine illusorisc­he Forderung zu sein. Trotzdem ist sie richtig.

Denn längst ist absehbar, dass die von der Ampel-Koalition angekündig­ten Verbesseru­ngen bei der Bildung zu scheitern drohen. Eine bessere Betreuung in den Kitas, Qualitätss­tandards bei der Ganztagsbe­treuung von Grundschul­kindern, eine gezielte Förderung der schulische­n Sozialarbe­it für benachteil­igte Kinder und Jugendlich­e oder die Schaffung von unbefriste­ten Stellen an Hochschule­n können zwar gezielte Verbesseru­ngen sein, sie sind aber kostspieli­g.

Hinzu kommt die ungewisse Situation der geflüchtet­en ukrainisch­en Kinder und Jugendlich­en, die den Bildungsse­ktor vor besondere Herausford­erungen stellt. In den Schulen gibt es ohnehin einen grassieren­den Lehrkräfte­mangel, der sich noch einmal zuspitzen wird. Die Bundesregi­erung geht davon aus, dass bis zu 24 000 Lehrerinne­n und Lehrer zusätzlich gebraucht werden könnten.

Investitio­nen in die Bildung sind für eine Industrien­ation zwar elementar, darüber gibt es wohl kaum zwei Meinungen. Und doch ist der Bildungsse­ktor seit vielen Jahren mangelhaft ausgestatt­et. Das ist ein Widerspruc­h, den auch die Ampel-Koalition offenbar nicht ausräumen wird.

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