Statt Abschuss besserer Herdenschutz
Agrarausschuss für Aufnahme des Wolfes in Niedersachsens Jagdrecht. Kritik von Naturschützern
Der Bund für Umwelt und Naturschutz hält es für falsch und unnötig, dass Wölfe in Niedersachsen künftig getötet werden dürfen. Nutztierhalter begrüßen das Vorhaben des Agrarausschusses im Landtag.
Seit Jahren diskutiert Niedersachsens Politik, ob der Wolf angesichts seiner gestiegenen Population ins Jagdrecht aufgenommen werden soll. Nun hat der Agrarausschuss des Landtages ausgerechnet ganz kurz vor dem »Tag des Wolfes«, zu dem für Sonnabend sowohl Freunde »Isegrims« als auch mahnende Nutztierhalter aufgerufen hatten, beschlossen: Der Graurock soll ins Jagdrecht kommen. Bislang hat in Deutschland allein Sachsen diesen Schritt vollzogen.
Sofern der Landtag der Empfehlung des Fachgremiums folgt, heißt das nicht, dass Jäger künftig auf den vierbeinigen Räuber feuern dürfen, sobald sie ihn im Revier erspähen. Der hohe Schutzstatus des Wolfes bleibt von seinem Einzug ins Jagdrecht unberührt. Wie bisher muss ein Abschuss in jedem Einzelfall behördlich genehmigt werden, teilt das Umweltministerium mit. Wie von der Landesjägerschaft zu erfahren war, gibt es in Niedersachsen
derzeit 38 Wolfsrudel mit jeweils zwischen fünf und zehn Tieren, zwei Wolfspaare und vier Einzelwölfe.
Für Halter von Weidetieren sei die Aufnahme ins Jagdrecht »ganz wichtig und historisch«, kommentierte der agrarpolitische Sprecher der oppositionellen FDP-Fraktion, Hermann Grupe, den Vorstoß des Ausschusses. Die parallel zur Population des Wolfes gravierend gestiegene Zahl von Nutztierrissen sei vor allem für Schäfer existenzbedrohend und psychisch sehr belastend. Die Aufnahme ins Jagdrecht sei ein ein erster Schritt in die Richtung, die Population der Raubtiere auf ein verträgliches Maß zu regulieren, unterstrich Grupe.
Als »Täuschung der Öffentlichkeit« wertet die Grünen-Landtagsabgeordnete Miriam Staudte die Empfehlung des Ausschusses in der »Elbe-Jeetzel-Zeitung«. Die Politikerin gibt zu bedenken: »Der Wolf darf weiter nicht bejagt werden und ist streng geschützt.«
Mit der angestrebten Regelung seien sogar neue Schwierigkeiten zu erwarten. »Ist der Wolf im Jagdrecht, dann sind zwei Ministerien, Landwirtschaft und Umwelt, für ihn zuständig«, gibt Staudte zu bedenken. Das könne dazu führen, dass sich Entscheidungen
zum Abschuss von Problemwölfen in die Länge ziehen. Die Politikerin fordert, Weidetierhalter müssten beim Herdenschutz und in puncto schneller Hilfe nach bestätigten Wolfsrissen stärker unterstützt werden.
Was aber bringt die Aufnahme ins Jagdrecht konkret? Vielleicht wird damit endlich geklärt, wer im Falle eines genehmigten Abschusses zum Gewehr greifen darf. In der Vergangenheit hatte sich das Umweltministerium diesbezüglich immer sehr bedeckt gehalten. Die Geheimniskrämerei wurde damit begründet, dass potenzielle Wolfstöter nicht dem Zorn von Isegrims Freunden ausgesetzt werden sollten.
Der Umgang mit den Tieren sorgt auch weiterhin für kontroverse Diskussionen. Während der Naturschutzbund den Sonnabend, den »Tag des Wolfes«, für Aktionen nutzte, wiesen Weidetierbesitzer mit Kundgebungen auf die starke Ausbreitung der Spezies hin. So hatten Schäfer zu Demonstrationen in Uelzen und Hannover mit Schafen, Ziegen und Pferden aufgerufen. Auch vor dem Landtag, der demnächst über die Jagdrechtsache entscheiden wird, machte die Prozession halt.