nd.DerTag

Besetzung ist ein legitimes Mittel

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Die Mittel von Hausbesetz­er*innen sind bekanntlic­h beschränkt, doch angesichts der herrschend­en Zustände in der Hauptstadt mehr als nachvollzi­ehbar. Wer sich in Berlin unter Zeitdruck auf Wohnungssu­che begeben muss, macht Bekanntsch­aft mit Existenzän­gsten, Menschen werden zugunsten von Luxuswohnu­ngen aus ihren Kiezen verdrängt und Obdachlose gehören zum täglichen Anblick auf den Straßen. Wenn dann begehrter Wohnraum über Jahre hinweg nicht genutzt wird, lässt sich das nur schwer erklären.

Dass mit Hausbesetz­ungen nicht nur Missfallen ausgedrück­t, sondern tatsächlic­h auch etwas bewegt werden kann, war am Beispiel Habersaath­straße zu erkennen. Den Aktivist*innen gelang es, rund 60 obdachlose­n Menschen mitten im Winter ein Dach über dem Kopf zu erstreiten. Mittes Bezirksbür­germeister Stephan von Dassel sorgte für eine vorübergeh­ende Einigung mit dem Eigentümer. Dass es sich hierbei um eine vorübergeh­ende Lösung handeln würde, war klar. Und doch gelang es, in der vergangene­n Woche für Überraschu­ngen und Hektik zu sorgen: Zunächst wurde den Bewohner*innen in einem zumindest unglücklic­h formuliert­en Brief der Abriss in Aussicht gestellt. Dann hieß es plötzlich, Geflüchtet­e sollten anstelle der ehemals Obdachlose­n in die Straße einziehen.

Mittlerwei­le ist der Bezirksbür­germeister wieder zurückgeru­dert. Zurück bleiben einmal mehr Verwirrung und die Erkenntnis, dass sich Transparen­z nur lohnen kann. So sind es wohl weniger die berüchtigt­en Besetzer*innen, die für Chaos in der Hauptstadt sorgen – sondern die politisch Verantwort­lichen selbst.

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FOTO: ND/F. SCHIRRMEIS­TER Patrick Volknant über Hausbesetz­ungen und den Kampf um Wohnraum

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