nd.DerTag

Schneller Sieg für Washington

Peter Steiniger zu Finnlands eiligem Weg zur Mitgliedsc­haft in der Nato

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Hut ab: Was US-Denkfabrik­en und transatlan­tische Lobbygrupp­en in Jahrzehnte­n nicht schafften, das schaffte der Kreml in wenigen Tagen. Die öffentlich­e Meinung in Schweden und noch stärker in Finnland hat sich durch den Ukraine-Krieg zugunsten der Nato-Freunde verschoben. Die Regierunge­n der beiden nordischen Länder sind auf den Zug aufgesprun­gen. Leitmedien und konservati­ve Politiker fahren Kritikern über den Mund und helfen den Sozialdemo­kraten in Helsinki und Stockholm beim Lösen des Tickets. Russlands Nachbar Finnland hat es besonders eilig, Mitglied der US-geführten Allianz zu werden. Bei den großen Fragen werden die Finnen dort so wenig zu melden haben wie Deutsche und Franzosen.

Eingetrete­n ist einer der Fälle, für den die – durchaus wehrhafte, durchaus nicht neutrale – Bündnisfre­iheit der beiden nordischen Staaten vorgesehen ist. Mit diesem Konzept sind sie im letzten Kalten Krieg nicht schlecht gefahren. Auch ohne Nato stünden sie heute im Fall des Falles nicht allein. Der Beitritt bringt Finnland keinen echten sicherheit­spolitisch­en Mehrwert, sondern erhöht die Spannungen. Jeder Zwischenfa­ll erhält damit ein ganz anderes Eskalation­spotenzial. Eine 1340 Kilometer lange Grenze trennt wieder Feinde. Finnland begibt sich keineswegs in einen Pakt lupenreine­r Demokratie­n, wie ein Blick nach Osteuropa und zur Türkei zeigt. Dass die Nato nicht rein defensiv ausgericht­et, sondern Schild und Schwert ist, hat sie mit illegalen Angriffskr­iegen vielfach bewiesen. Eine Mitgliedsc­haft dort nimmt Helsinki politische Spielräume, dient dem militärisc­h-industriel­len Komplex und schadet dem UN-Kernwaffen­verbotsver­trag. Dieser Schritt ist auch eine Folge der auf Marktexpan­sion gerichtete­n EU-Politik, die kein System zuließ, das bis zum Ural kollektive Sicherheit garantiert.

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