Vorschlag für ein Grunderbe
Ostbeauftragter sieht Chance für weniger Ungleichheit
Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, spricht sich für ein Grunderbe aus. Finanziert werden könnte dies durch eine höhere Erbschaftssteuer.
Berlin. Um die soziale Ungleichheit in Deutschland zu verringern, schlägt der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), ein sogenanntes Grunderbe vor. Unterstützung für Pläne, dass der Staat jungen Menschen mit Eintritt der Volljährigkeit eine bestimmte Summe zur Verfügung stellt, kam am Donnerstag auch von der Linkspartei. Die FDP wies den Vorschlag dagegen als »klassische Umverteilungsidee» zurück. »Eigentum zu bilden ist für einen Großteil der Bevölkerung nicht mehr möglich, gerade in den Metropolen», sagte Schneider den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. »Ein Grunderbe wäre ein interessantes Instrument, um diese Entwicklung aufzuhalten und die Startchancen ins Berufsleben etwas gerechter zu gestalten.«
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hatte berechnet, dass ein staatliches Grunderbe in Höhe von bis zu 20000 Euro für alle 18-Jährigen und deren Finanzierung durch eine Erbschaft- oder Vermögensteuer die Vermögensungleichheit in Deutschland deutlich reduzieren würde. Der sogenannte Gini-Koeffizient - das Standardmaß der Ungleichheit - würde je nach Ausgestaltung um fünf bis sieben Prozent sinken.
»Ich halte das für eine sehr spannende Idee«, betonte der SPD-Politiker Schneider. »Die Ungleichheit wächst von Generation zu Generation, was weniger am aktiven Einkommen liegt als am Vermögenszuwachs. Wer nichts hat, der kann nur schwer etwas
zurücklegen und ein Vermögen aufbauen.« Zur Finanzierung sprach sich Schneider für »eine höhere Erbschaftssteuer der oberen zehn Prozent» aus. In Deutschland würden Millionenerbschaften zu gering besteuert, kritisierte er. »Wir laufen Gefahr, dass sich eine Rentiersgesellschaft, die von Erbschaften lebt, von der normalen Arbeitsgesellschaft abkoppelt.«
Zustimmung zu dem Vorschlag kam von der Linkspartei. Der Sprecher für Ostdeutschland der Linksfraktion im Bundestag, Sören Pellmann, erklärte: »Der Grunderbe-Vorschlag des Ostbeauftragten Schneider ist vernünftig. Wenn sich ein Regierungsvertreter derart äußert, muss es aber auch Konsequenzen haben und darf nicht zur Luftnummer werden. Ich erwarte einen Gesetzentwurf der Ampel. Falls dieser nicht kommt, werden wieder einmal Hoffnungen der Ostdeutschen enttäuscht.«
Und Linksfraktionschef Dietmar Bartsch sagte in den Funke-Zeitungen, aus seiner Sicht könnte ein Grunderbe auch »die OstWest-Spaltung lindern, weil Vermögen und Erbschaften im Osten deutlich geringer sind». Bartsch forderte Schneider auf, einen Grunderbe-Gesetzentwurf bei Finanzminister Christian Lindner (FDP) in Auftrag zu geben.
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai allerdings erteilte den Plänen eine Absage. Schneiders Vorschlag sei »nicht zielführend«, sagte er den Funke-Zeitungen. »Wir müssen uns doch vielmehr darauf konzentrieren, es für alle Menschen in unserem Land einfacher zu machen, Vermögen zu bilden und beispielsweise Wohneigentum zu erwerben.« Der Generalsekretär verwies auf den Vorschlag Lindners, die Grunderwerbsteuer komplett oder teilweise entfallen zu lassen.