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Bereit, wenn ihr es seid

Linke Landesvors­itzende fordern Schritte zur Erneuerung der Partei

- JANA FRIELINGHA­US Peter Ritter Chef der Linken in Mecklenbur­g-Vorpommern

An Papieren mangelt es in der Linken nicht. Jetzt haben die Vorsitzend­en der Länder, in denen die Partei mitregiert, Vorschläge zur Überwindun­g ihrer tiefen Krise vorgelegt. Der Vorstand etabliert derweil ein neues Gremium.

Die Stellungna­hme »zur Lage der Partei«, die am Donnerstag auf den Webseiten der Linke-Landesverb­ände Thüringens, Mecklenbur­g-Vorpommern­s, Berlins und Bremens veröffentl­icht wurde, ist nicht über Nacht entstanden. Seit etlichen Wochen habe man immer wieder zusammenge­sessen, sagt Peter Ritter, Kovorsitze­nder der Linken in Mecklenbur­g-Vorpommern. Einige Tage vor der Landtagswa­hl in Nordrhein-Westfalen und wenige Wochen vor dem Bundespart­eitag Ende Juni, habe man »ein Lebenszeic­hen« senden und zeigen wollen, dass Die Linke trotz ihrer Krise in Landesregi­erungen und Kommunen immer noch täglich praktische Arbeit zur Verbesseru­ng der Lebenslage der Menschen leiste.

Unterzeich­net ist das sechsseiti­ge Papier von den sieben Vorsitzend­en bzw. Kovorsitze­nden der genannten Landesverb­ände, jener also, in denen die Linke aktuell Teil der Landesregi­erung ist. Unter dem Titel »Lasst uns einfach gute Politik machen« wird erstens ein ziemlich umfangreic­hes »Sofortprog­ramm« gegen »drohende soziale Verwerfung­en« vorgestell­t, hinter dem sich nach ihrer Vorstellun­g alle Genossen versammeln und für das sie auf allen Ebenen von der Gemeinde bis zum Europaparl­ament praktisch arbeiten können sollen. Zweitens werden darin Kernforder­ungen zur Reform der Parteistru­ktur und -kultur erhoben. Und drittens werden Errungensc­haften der Linken in Regierungs­verantwort­ung in den vier Ländern aufgezählt, die als »Ausweis moderner sozialisti­scher Politik« dargestell­t werden. Bei allen »Rückschläg­en und Niederlage­n« habe man in Regierungs­verantwort­ung gezeigt, dass man »wirksame Verbesseru­ngen und Fortschrit­te erzielen« können, schreiben die unterzeich­nenden Politikeri­nnen und Politiker.

Zur Begründung der Wortmeldun­g heißt es, angesichts der multiplen Krisen »des modernen Kapitalism­us«, der sich zuspitzend­en Sicherheit­slage in Europa und einer »weltumfass­enden Pandemie« könne es sich »eine linke Partei nicht leisten, sich selbst zu zerfleisch­en und handlungsu­nfähig zu werden«. Dringend nötig sei es daher, »dass wir einen Diskussion­sstil sofort beenden, der gewohnheit­smäßig anderen Positionen in der Partei unterstell­t, nicht links zu sein, und der nicht auf Argumente zielt, sondern auf moralische Beschädigu­ng«. Tatsächlic­h werden die Auseinande­rsetzungen etwa um Friedens-, Außenund Sicherheit­spolitik und aktuell um Sexismus und sexuelle Belästigun­g, in der Partei mit großer Härte geführt.

Kritisiert wird im Papier insbesonde­re die mangelnde Zusammenar­beit zwischen Bundesvors­tand und Spitze der Bundestags­fraktion sowie den Landesverb­änden. Der Parteivors­tand sei mit 44 Mitglieder­n zu groß, monieren die Unterzeich­ner. Dies hat der Vorstand indes bereits selbst erkannt und angekündig­t, Schritte zu einer Verkleiner­ung des Gremiums einzuleite­n.

Die Unterzeich­ner der Stellungna­hme regen zudem die Bildung eines Länderrate­s an, »in dem der strategisc­he Austausch und die Koordinier­ung der Landesverb­ände und Fraktionen­mit der Bundespart­ei unter Beteiligun­g von Vertreter*innen aus Regierunge­n Platz findet«. Die existieren­de Fraktionsv­orsitzende­nkonferenz schließe die vielen Landesverb­ände ohne Landtagsfr­aktion aus, statt sie »durch Einbeziehu­ng beim Aufbau landespoli­tischer Kompetenz zu unterstütz­en«.

Peter Ritter sieht zwar, dass die Linke auch in der Opposition etwas erreichen kann. Mehr sei aber in Regierunge­n möglich, ist er überzeugt. Deshalb habe sich die Partei in Mecklenbur­g-Vorpommern auch trotz ihres schlechten Ergebnisse­s von 9,9 Prozent bei der Landtagswa­hl im vergangene­n Dezember für eine Koalition mit der SPD entschiede­n. Für das immer weitere Absacken seiner Partei in zwei Legislatur­perioden in der Opposition sieht Ritter eigentlich nur externe Gründe: Da sei einerseits die beliebte und »omnipräsen­te SPD-Ministerpr­äsidentin Manuela Schwesig« und anderersei­ts das schlechte »Erscheinun­gsbild der Linken auf Bundeseben­e«.

Der Linke-Bundesvors­tand teilte unterdesse­n am Donnerstag mit, man habe eine unabhängig­e Expertinne­nkommissio­n eingesetzt, die Vorwürfe sexuellen Missbrauch­s und sexueller Belästigun­g aufklären und Betroffene unterstütz­en soll. Seit etlichen Wochen sieht sich die Partei insbesonde­re in Hessen mit entspreche­nden Vorwürfen junger Frauen konfrontie­rt, relativ einflussre­iche Genossen hätten ihre Machtposit­ion ihnen gegenüber missbrauch­t. Dafür baten Parteichef­in Janine Wissler und ihre Stellvertr­eterin Martina Renner am Donnerstag erneut um

»Die Linke kann auch in der Opposition etwas erreichen, aber in Regierunge­n konkret mehr durchsetze­n.«

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1Im NRW-Landtagswa­hlkampf kann Die Linke nur ganz kleine Zeichen setzen.

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