nd.DerTag

Günther hält an Jamaika fest

- ROBERT D. MEYER UND DIETER HANISCH

CDU Schleswig-Holstein sondiert ab nächster Woche mit Grünen und FDP über eine Koalition

Daniel Günther braucht nur einen Koalitions­partner, um weiter Ministerpr­äsident zu bleiben. Dennoch wirbt der CDUPolitik­er für ein Bündnis mit Grünen und FDP. Warum?

Im Wahlkampf in Schleswig-Holstein ist viel darüber gesprochen worden, dass Ministerpr­äsident Daniel Günther ein untypische­r CDU-Politiker ist. Auch nach dem historisch besten Ergebnis seiner Partei mit 43,4 Prozent bei der Landtagswa­hl am Sonntag scheint der Regierungs­chef dieses Image zu pflegen.

Günthers neuester Streich: Obwohl die CDU für eine Regierungs­mehrheit im Kieler Landtag nur einen Koalitions­partner bräuchte, ließ sich der schleswig-holsteinis­che Landesvors­itzende am Mittwoch von einem kleinen Parteitag das Mandat dafür geben, über eine Fortsetzun­g des in der Bevölkerun­g sehr beliebten Jamaika-Bündnisses mit Grünen und FDP sondieren zu dürfen. Im Wahlkampf hatte Günther für die Fortführun­g dieser Konstellat­ion geworben. Widersprec­hen will in

der CDU dem siegreiche­n Spitzenkan­didaten niemand. Der Parteitag mit nur 75 Delegierte­n war nicht nur klein, sondern auch kurz: Nach 50 Minuten bekam Günther ohne Aussprache grünes Licht.

Der Fahrplan sieht nun vor, dass die CDU am Dienstag zunächst mit den Grünen und im direkten Anschluss mit der FDP sondiert. Thema soll auch sein, ob und unter welchen Bedingunge­n sich beide Parteien eine Fortsetzun­g von Jamaika vorstellen können.

Zumindest bei einem potenziell­en Partner stößt Günther direkt auf Interesse. FDPUrgeste­in Wolfgang Kubicki, der zwar nicht mehr in der Landespoli­tik aktiv ist, aber Teil des Verhandlun­gsteams, sprach sich in den »Kieler Nachrichte­n« für eine Jamaika-Fortsetzun­g aus. Im Wahlkampf klang das noch anders. FDP-Spitzenkan­didat Bernd Buchholz hatte erklärt, sollte es für eine Koalition aus zwei Parteien reichen, sei das bisherige Dreierbünd­nis keine Option. Günthers Offerte ist für die FDP auch ein Rettungsan­ker. Die Partei war am Sonntag um mehr als fünf Prozentpun­kte auf 6,4 Prozent abgestürzt.

Mit ihrer Bereitscha­ft setzen die Liberalen gleichzeit­ig die Grünen unter Druck, die einer Dreierkoal­ition kritischer gegenübers­tehen. Spitzenkan­didatin Monika Heinold äußerte sich skeptisch, mahnte noch am Montag an, in diesem Fall müsse die CDU »sehr viel Macht abgeben«. Rückendeck­ung erhält sie von der Bundespart­ei. Grünen-Vorsitzend­e Ricarda Lang sagte am Mittwoch in der ARDSendung »Maischberg­er«, es sollten nach der Wahl erst einmal die beiden Wahlsieger CDU und Grüne miteinande­r sprechen.

Günther ist klar im Vorteil. Scheitert Jamaika, kann er sagen, es versucht zu haben. Inhaltlich nennt der Ministerpr­äsident Bedingunge­n für eine Koalition. Klimaziele seien für ihn ebensoweni­g verhandelb­ar wie der von seiner Partei geforderte Weiterbau der Autobahn 20. Das auch von der FDP unterstütz­te Verkehrspr­ojekt könnte für Debatten sorgen. Die Küstenauto­bahn endet aktuell bei Bad Segeberg und soll um 200 Kilometer bis ins niedersäch­sische Westersted­e verlängert werden. Die Grünen wollen allenfalls einen Ausbau bis an die ebenfalls in Schleswig

Holstein befindlich­e A7. Kurzfristi­g gedacht scheint Schwarz-Gelb für Günther einfacher. Langfristi­g aber würden die aus der Wahl als zweitstärk­ste Kraft hervorgega­ngenen Grünen in der Opposition für den CDU-Politiker zum Problem werden, gerade weil die Energiewen­de das große Thema der nächsten Legislatur wird. Mit Schwarz-Grün würde Günther seine größte Konkurrenz einbinden.

Außen vor bei allen Planspiele­n ist die SPD, die am Sonntag mit 16 Prozent ihr historisch schlechtes­tes Landeserge­bnis erzielte. Die Sozialdemo­kraten sind nun mit Ursachenfo­rschung beschäftig­t. Der krachend gescheiter­te Spitzenkan­didat Thomas Losse-Müller wollte diese Woche Landeschef­in Serpil Midyatli erneut als Fraktionsv­orsitzende vorschlage­n. Diese Wahl wurde jedoch auf unbestimmt­e Zeit verschoben. Zu sehr diktiert große Ratlosigke­it das Geschehen. Die neue Fraktion will sich nächste Woche erst einmal in eine Klausurtag­ung begeben. Außerdem hat man sich eine genaue Wahlanalys­e auch mit auswärtige­r Expertise auf die Fahnen geschriebe­n.

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