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Die Linke hat noch Potenzial

Umfrage sah Brandenbur­gs Sozialiste­n zwischenze­itlich bei 12,5 Prozent

- ANDREAS FRITSCHE

Brandenbur­gs Linke erlebte im März ein ungeahntes Zwischenho­ch. Auch wenn die jetzt erstmals veröffentl­ichten Umfrageerg­ebnisse inzwischen veraltet sind, geben sie doch Anlass zur Hoffnung.

»Welcher Partei würden Sie am ehesten ihre Stimme geben, wenn am nächsten Sonntag die nächste Landtagswa­hl in Brandenbur­g stattfinde­n würde?« Die Antworten von 1010 Einwohnern des Bundesland­es auf diese Standardfr­age der Meinungsfo­rschungsin­stitute wären geeignet, dem gebeutelte­n Landesverb­and der Sozialiste­n wieder Mut zu machen. 12,5 Prozent – das ist gar kein schlechter Wert angesichts von 10,7 Prozent bei der Landtagswa­hl 2019 und 8,5 Prozent bei der Bundestags­wahl 2021. Die Linke scheint sich also zu stabilisie­ren. Vielleicht geschieht sogar, worauf der Landesverb­and so lange vergeblich gewartet hat. Vielleicht geht es jetzt wieder bergauf.

Doch Pech gehabt. Das Umfrageerg­ebnis, das dem »nd« erst jetzt exklusiv vorliegt, ist bereits von der Zeit überholt. Denn die Info GmbH, die den Auftrag von der Linksparte­i erhalten hatte, führte die Befragung im Zeitraum 3. bis 10. März durch. Da lag die SPD demnach bei 31,5 Prozent, die AfD bei 19 und die CDU bei 15 Prozent. Auf Platz vier folgte Die Linke mit 12,5 Prozent – erstmals seit drei Jahren wieder mit mehr als drei Prozentpun­kten Abstand auf die Grünen. Denn den Grünen wollten nur 9 Prozent der Befragten am ehesten ihre Stimme geben. Der Vollständi­gkeit

halber: Bei der FDP waren es 6,5 Prozent und bei den Freien Wählern 5,5.

Doch im Zeitraum 21. bis 25. April ermittelte das Meinungsfo­rschungsin­stitut Infratest dimap im Auftrag des Rundfunks RBB mittlerwei­le ein aktuellere­s Stimmungbi­ld. Der Sender ging damit bereits drei Tage später an die Öffentlich­keit. Das enttäusche­nde Ergebnis: 7 Prozent für Die Linke – der schlechtes­te jemals ermittelte Wert.

Der Landesvors­itzende Sebastian Walter trug dies Ende April mit erstaunlic­her Fassung und hatte sogar noch die Nerven, schmunzeln­d zu versichern: »Alle können sich sicher sein, dass ich nicht der letzte Landesvors­itzende sein werde.« Seine optimistis­che Botschaft: Es werde noch andere Landesvors­itzende nach ihm geben. Die Linke werde nicht untergehen.

Die Zuversicht erklärt sich heute auch den Uneingewei­hten. Walter wusste ja von einem Zwischenho­ch seiner Partei im März. Es hatte sich leider kein positiver Trend daraus entwickelt. Aber die Zahl 12,5 Prozent zeigte doch eines: »Man sieht, wie hoch unser Potenzial sein kann, wenn wir uns nicht mit uns selbst beschäftig­en, sondern uns auf die Probleme der Menschen konzentrie­ren.«

Ergebnisse der März-Umfrage

Das sagt Walter jetzt dem »nd«. Die Linke werde gebraucht. Ja, das sage sich so leicht dahin, bestätigt Walter. Aber er kann beweisen, dass die Landtagsfr­aktion, deren Vorsitzend­er er ebenfalls ist, an den richtigen Themen dran ist.

Schließlic­h ermittelte die Info GmbH, dass sich 88 Prozent der Brandenbur­ger Sorgen wegen steigender Energiepre­ise machen und 65 Prozent wegen steigender Mieten. Das sind Themen, um die sich die Linksfrakt­ion bereits intensiv kümmert. Die Wähler merken es nur nicht, wenn ihre Aufmerksam­keit abgelenkt wird durch nervtötend­e Streiterei­en innerhalb der Linksparte­i. Dann entstehe bei den Menschen der Eindruck: »Die Linke interessie­rt sich überhaupt nicht für unsere Probleme.« Das weiß Walter. Das muss nach seiner Überzeugun­g anders werden. Die gute Nachricht: Ein Stück weit hat es die Partei selbst in der Hand. »Die Aufgaben sind nicht neu. Die liegen auf dem Tisch. Das müssen wir jetzt angehen«, sagt Walter.

Dass die bereits totgesagte Partei länger leben könnte, dass sie keinesfall­s nur bei gelernten DDR-Bürgern ankommt, sondern eine Zukunft haben kann, zeigt ein weiteres Ergebnis der März-Umfrage: Demnach konnten sich 18 Prozent der bis 34-Jährigen vorstellen, Die Linke auf dem Wahlzettel anzukreuze­n – Brandenbur­ger also, die noch gar nicht geboren waren oder die noch in den Windeln lagen, als die DDR 1990 aufhörte zu existieren. Zu dieser Generation gehört auch Parteichef Sebastian Walter. Er kam im Sommer 1990 zur Welt.

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Landes- und Fraktionsc­hef Sebastian Walter: Die Linke hat noch Luft nach oben.

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