Türkei blockiert schnelle Nato-Erweiterung
Ankara stellt Bedingungen für Aufnahme Schwedens und Finnlands in das Militärbündnis
Jahrzehnte galt ein Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens als Tabu. Nun soll alles schnell gehen. Das Militärbündnis spricht sich für eine schnelle Aufnahme aus. Nur die Türkei nutzt die Gelegenheit, Forderungen zu stellen.
Berlin. Finnland hat offiziell seine Bewerbung um den Nato-Beitritt beschlossen. Präsident Sauli Niinistö und Regierungschefin Sanna Marin teilten mit, der Staatschef und der außenpolitische Ausschuss der Regierung hätten das Beitrittsgesuch am Sonntag vereinbart. Zuvor sei dazu auch bereits das Parlament konsultiert worden. Niinistö und Marin sprachen von einem »historischen Tag« und einer »neuen Ära«.
Auch Schwedens regierende Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Magdalena Andersson erklärten am Sonntagabend nach einer Sondersitzung ihrer Parteigremien, sich für einen Beitritt ihres Landes zum Militärbündnis auszusprechen.
Vertreter der Nato hatten am Wochenende bei einem Treffen in Berlin Finnland wie auch Schweden die rasche Aufnahme in die Militärallianz in Aussicht gestellt. Deutschland würde einen Beitritt der beiden Länder
»sehr schnell« ratifizieren, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Sonntag bei den Beratungen mit ihren Nato-Kolleginnen und -Kollegen in Berlin.
Probleme gibt es dagegen mit dem Ja des Nato-Landes Türkei. Ankara knüpft seine Zustimmung zum Beitritt Finnlands und Schwedens in das Militärbündnis an Bedingungen. Beim Treffen der Außenminister der 30 Bündnisstaaten forderte die Türkei Unterstützung im Kampf gegen die auch in Deutschland verbotene Arbeiterpartei PKK und die Kurdenmiliz YPG in Syrien.
»Ich persönlich denke, wir können uns nicht mehr darauf verlassen, dass es eine friedliche Zukunft geben wird neben Russland«. Sanna Marin Finnische Regierungschefin
Ankara kritisierte außerdem, dass mehrere Länder wegen des türkischen Krieges gegen diese Gruppen die Lieferung von Rüstungsgütern an die Türkei eingeschränkt haben. Wie die Türkei von einem Veto gegen einen NatoBeitritt von Schweden und Finnland abgehalten
werden kann, blieb zunächst unklar. Nach Angaben von Diplomaten könnten neben Erklärungen der beiden Nordländer zum Kampf gegen den Terrorismus auch Zugeständnisse der USA eine Rolle spielen. So will die türkische Regierung F-16-Kampfjets von den Amerikanern kaufen und hofft auf ein Ende des Streits um die Anschaffung des russischen S-400-Raketenabwehrsystems.
Finnlands Präsident Niinistö zeigte sich am Sonntag verwundert über die Äußerungen des türkischen Präsidenten Erdogan. Er habe erst kürzlich mit seinem Amtskollegen telefoniert, und der habe ihm Unterstützung bei einem Antrag auf Nato-Mitgliedschaft zugesichert. Er sei aber bereit zu einem weiteren Austausch mit Erdogan, um über die angesprochenen Probleme zu reden. Auch Deutschlands Außenministerin Baerbock zeigte sich beim Treffen der Nato-Außenminister irritiert über die Äußerungen aus Ankara.
Russland wiederum reagierte auf die Bewerbung seines Nachbarlands Finnland für einen baldigen Nato-Beitritt mit Kritik und Drohungen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, Russland würde eine Nato-Mitgliedschaft Finnlands »definitiv« als Bedrohung ansehen.