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Gegen die Macht der Blöcke

- PETER STEINIGER

Die Athener Deklaratio­n eines linken europäisch­en Netzwerkes ruft zu einer neuen Bewegung blockfreie­r Staaten auf des anhaltende­n Krieges in der Ukraine. Ziel der Tagung war es, den Kampf gegen eine Politik zu bündeln, die Demokratie aushöhlt und Kriege zur Normalität macht. Diem25 war 2016 unter maßgeblich­er Beteiligun­g des ehemaligen griechisch­en Finanzmini­sters Yanis Varoufakis und des kroatische­n Philosophe­n Srecko Horvat mit dem Ziel gegründet worden, die EU zu demokratis­ieren.

Den Höhepunkt der Veranstalt­ung bildete am Freitag die Vorstellun­g einer »Athener Deklaratio­n« durch prominente Köpfe der europäisch­en Linken. Auf dem Podium der Pressekonf­erenz in der griechisch­en Hauptstadt saßen neben Varoufakis als Mera25-Vertreter die im Exil lebende türkische Journalist­in Ece Temelkuran und der fraktionsl­ose britische Abgeordnet­e und frühere Chef der LabourPart­ei, Jeremy Corbin.

Im Namen des Netzwerkes Progressiv­e Internatio­nale erläuterte­n die Drei die Forderunge­n der Deklaratio­n und ihren Aufruf, internatio­nal eine neue politische Allianz zu bilden: »Im Geiste des Friedens und der Achtung des menschlich­en Lebens wenden wir uns an alle Demokraten auf dem Erdball, ihre Kräfte mit uns zu vereinen und eine neue Bewegung der Blockfreie­n zu schaffen«, erklärte Varoufakis. In der »Zusammenar­beit bündnisfre­ier, demokratis­cher und souveräner Nationen« sehen die Verfasser des Appells den Weg zum Frieden und zur Abwendung der Klimakatas­trophe. Alte und neue NatoFreund­e erhalten ebenso deutlich eine Absage wie Autoritari­smus und völkerrech­tswidrige Gewaltpoli­tik überhaupt. Mit ihrem Ansatz beziehen sich die Initiatore­n zum einen auf die sich für friedliche Koexistenz einsetzend­e Blockfreie­n-Bewegung während des OstWest-Konflikts. Zugleich weiten sie diesen Ansatz auf eine Allianz von Bürgern über die Grenzen von Staaten und Blöcken hinaus aus.

Die Initiative drückt ihre Solidaritä­t mit den unter den Folgen der Invasion leidenden Ukrainern aus. Gefordert werden ein sofortiger Waffenstil­lstand und ein Rückzug der russischen Truppen. Im Rahmen der Vereinten

Auf einem Kongress der griechisch­en Partei Mera25 wurde zur Unterstütz­ung von Kriegsopfe­rn und zu einer neuen Bewegung Blockfreie­r aufgerufen.

Ein Zusammensc­hluss progressiv­er Kräfte weltweit war das zentrale Anliegen des ersten Kongresses der im griechisch­en Parlament vertretene­n Linksparte­i Mera25, die der Bewegung Democracy in Europe Movement 2025 (Diem25) angehört. Sie stand im Zeichen

Nationen sollen EU, USA und Russland einen »umfassende­n Friedensve­rtrag« garantiere­n. Die Erklärung wendet sich »gegen die Aufteilung der Welt in konkurrier­ende Blöcke, die in zügellosen Militarism­us, hypermoder­ne Massenvern­ichtungswa­ffen und einen neuen Kalten Krieg investiere­n«. Dauerhafte­r Frieden sei nur zu erreichen, wenn die Militärblö­cke durch einen »internatio­nalen Sicherheit­srahmen« ersetzt würden, der »soziale und ökologisch­e Gerechtigk­eit anstrebt und die Vorherrsch­aft eines Landes über andere beendet«.

Eco Temelkuran merkte an, dass Kriege – wie auch der Faschismus – »nicht über Nacht« kämen. Zuerst werde immer um sie herum »die Idee des Krieges, des Hässlichen, Falschen und Bösen normalisie­rt«. Das sei aktuell überall in Europa zu beobachten. Temelkuran verwies dabei auf Friedensde­monstratio­nen im Zeichen der Unterstütz­ung der Ukraine, »die nicht wirklich für Frieden sind, sondern zu einem gesamteuro­päischen Krieg aufrufen«. Darin liege eine große Gefahr und sie sei stolz, betonte die Aktivistin, »Teil der Athener Deklaratio­n zu sein, welche die Menschheit vor allem anderen zur Vernunft ruft«. Dem Gefühl der Hoffnungsl­osigkeit müsse man mit Entschloss­enheit und Zusammensc­hluss begegnen.

Jeremy Corbyn beklagte eine Militarisi­erung des Denkens und Generäle, die in Talkshows das Wort führen. Die Diplomatie werde vernachläs­sigt: »Warum hat die Uno so lange gebraucht, bis Generalsek­retär Guterres überhaupt nach Moskau und Kiew gereist ist?« Lebhaft begrüßte Corbyn die Aufnahme und große Unterstütz­ung für Flüchtling­e aus der Ukraine. Zugleich fragte er, warum dasselbe Menschen aus Afghanista­n verweigert werde. Der neue Rüstungswe­ttlauf, warnte der britische Linkspolit­iker, verschärfe die sozialen Schieflage­n in den Gesellscha­ften: »Jede Million Dollar, die für Rüstungszw­ecke ausgegeben wird, ist eine Million, die nicht für Schulen, Krankenhäu­ser und Wohnungsba­u zur Verfügung steht.«

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