Notfallhilfe für klamme Studierende
Kabinett will im Krisenfall den Kreis der Bafög-Berechtigten erweitern
Wenn Studierende und Schüler noch einmal in eine Notlage wie in der Coronakrise geraten, sollen sie schnelle Hilfe bekommen. Die Ampel-Regierung will in Ausnahmefällen die Beschränkungen für die Ausbildungsförderung lockern.
Die Ampel-Regierung reagiert auf die existenzielle Not, in die Studierende während des Corona-Lockdowns geraten sind. Künftig sollen sie in einer Krise besser abgesichert sein. Dafür hat das Kabinett am Mittwoch ein Gesetz für einen Notfallmechanismus im Bafög auf den Weg gebracht. Per Verordnung soll die Regierung in einer überregionalen Krise den Kreis der Bafög-Empfänger erweitern können. Auch Studierende und Schüler, die eigentlich vom Bafög ausgeschlossen sind, sollen dann die Förderung erhalten.
Viele Studierende traf es während der Coronakrise nämlich besonders hart, weil Jobs im Einzelhandel oder der Gastro-Branche durch den Lockdown wegbrachen. »Es konnten sich Studierende nicht mehr den Liter Milch kaufen, das kann man sich kaum vorstellen«, sagte Ulrike Tippe, Vizepräsidentin der Hochschulrektorenkonferenz, am Mittwoch bei einer Anhörung zum Bafög im Bundestag. Die damalige schwarz-rote Bundesregierung hatte zwar Überbrückungshilfen auf den Weg gebracht, doch kamen die nach Ansicht von Studierendenvertretern viel zu spät.
Mit der geplanten Notfallverordnung soll verhindert werden, »dass junge Menschen ihre Ausbildung oder ihr Studium etwa wegen eines verlorenen Nebenjobs abbrechen müssen«, erklärte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP). Der neue Mechanismus sei das klare Signal, dass diese jungen Menschen gesehen werden und Unterstützung erhalten, betonte sie.
Der Bundestag muss diesen Notfall per Beschluss ausrufen. Im Regelfall soll er drei Monate gelten. Er kann vom Parlament aber verkürzt oder verlängert werden, so sieht es die Ampel-Koalition vor. Wer in diesem Zeitraum seinen individuellen Bedarf nachweist, soll Geld zu Bafög-Konditionen erhalten, ohne Nachweis soll es zinslose Darlehen geben. Die genaue Ausgestaltung der Vorgaben ist noch offen.
»Die Einrichtung eines Notfallmechanismus für nationale Krisenlagen ist mehr als überfällig«, erklärte Nicole Gohlke, bildungspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag. Sie kritisierte aber, dass das angedachte Verfahren zu kompliziert sei und merkte an, dass viele Studierende im Falle einer nationalen Krise leer ausgehen würden. Denn die rund 400 000 internationalen Studierenden werden bisher nicht berücksichtigt. »Dabei mussten 30 Prozent von ihnen die Überbrückungshilfe in Anspruch nehmen«, merkte Gohlke an.
Am Mittwoch wurde im Bundestagsausschuss auch über die anstehende Bafög-Reform beraten. Geplant ist eine Erhöhung um fünf Prozent und eine Anhebung der Elternfreibeträge, um mehr Studierenden die Förderung zu ermöglichen. Das reiche nicht aus, sagen Sozialverbände. Damit werde nicht einmal die Inflation ausgeglichen. Viele Studierende werden wohl auch weiterhin prekär leben müssen.
»Die Einrichtung eines Notfallmechanismus für nationale Krisenlagen ist mehr als überfällig.«
Nicole Gohlke Bildungspolitische Sprecherin der Linken