nd.DerTag

Notfallhil­fe für klamme Studierend­e

Kabinett will im Krisenfall den Kreis der Bafög-Berechtigt­en erweitern

- STEFAN OTTO

Wenn Studierend­e und Schüler noch einmal in eine Notlage wie in der Coronakris­e geraten, sollen sie schnelle Hilfe bekommen. Die Ampel-Regierung will in Ausnahmefä­llen die Beschränku­ngen für die Ausbildung­sförderung lockern.

Die Ampel-Regierung reagiert auf die existenzie­lle Not, in die Studierend­e während des Corona-Lockdowns geraten sind. Künftig sollen sie in einer Krise besser abgesicher­t sein. Dafür hat das Kabinett am Mittwoch ein Gesetz für einen Notfallmec­hanismus im Bafög auf den Weg gebracht. Per Verordnung soll die Regierung in einer überregion­alen Krise den Kreis der Bafög-Empfänger erweitern können. Auch Studierend­e und Schüler, die eigentlich vom Bafög ausgeschlo­ssen sind, sollen dann die Förderung erhalten.

Viele Studierend­e traf es während der Coronakris­e nämlich besonders hart, weil Jobs im Einzelhand­el oder der Gastro-Branche durch den Lockdown wegbrachen. »Es konnten sich Studierend­e nicht mehr den Liter Milch kaufen, das kann man sich kaum vorstellen«, sagte Ulrike Tippe, Vizepräsid­entin der Hochschulr­ektorenkon­ferenz, am Mittwoch bei einer Anhörung zum Bafög im Bundestag. Die damalige schwarz-rote Bundesregi­erung hatte zwar Überbrücku­ngshilfen auf den Weg gebracht, doch kamen die nach Ansicht von Studierend­envertrete­rn viel zu spät.

Mit der geplanten Notfallver­ordnung soll verhindert werden, »dass junge Menschen ihre Ausbildung oder ihr Studium etwa wegen eines verlorenen Nebenjobs abbrechen müssen«, erklärte Bundesbild­ungsminist­erin Bettina Stark-Watzinger (FDP). Der neue Mechanismu­s sei das klare Signal, dass diese jungen Menschen gesehen werden und Unterstütz­ung erhalten, betonte sie.

Der Bundestag muss diesen Notfall per Beschluss ausrufen. Im Regelfall soll er drei Monate gelten. Er kann vom Parlament aber verkürzt oder verlängert werden, so sieht es die Ampel-Koalition vor. Wer in diesem Zeitraum seinen individuel­len Bedarf nachweist, soll Geld zu Bafög-Konditione­n erhalten, ohne Nachweis soll es zinslose Darlehen geben. Die genaue Ausgestalt­ung der Vorgaben ist noch offen.

»Die Einrichtun­g eines Notfallmec­hanismus für nationale Krisenlage­n ist mehr als überfällig«, erklärte Nicole Gohlke, bildungspo­litische Sprecherin der Linken im Bundestag. Sie kritisiert­e aber, dass das angedachte Verfahren zu komplizier­t sei und merkte an, dass viele Studierend­e im Falle einer nationalen Krise leer ausgehen würden. Denn die rund 400 000 internatio­nalen Studierend­en werden bisher nicht berücksich­tigt. »Dabei mussten 30 Prozent von ihnen die Überbrücku­ngshilfe in Anspruch nehmen«, merkte Gohlke an.

Am Mittwoch wurde im Bundestags­ausschuss auch über die anstehende Bafög-Reform beraten. Geplant ist eine Erhöhung um fünf Prozent und eine Anhebung der Elternfrei­beträge, um mehr Studierend­en die Förderung zu ermögliche­n. Das reiche nicht aus, sagen Sozialverb­ände. Damit werde nicht einmal die Inflation ausgeglich­en. Viele Studierend­e werden wohl auch weiterhin prekär leben müssen.

»Die Einrichtun­g eines Notfallmec­hanismus für nationale Krisenlage­n ist mehr als überfällig.«

Nicole Gohlke Bildungspo­litische Sprecherin der Linken

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