Die Queerfeministin
Ksenia, die ihren Nachnamen nicht nennen möchte, engagiert sich im Kollektiv »Queer Lab« in Lwiw. »Für queere Menschen ist die Situation in den besetzten Städten sehr gefährlich«, sagt die Aktivistin. Viele der bekannten Aktiven würden festgenommen oder »verschwänden«. »Trotzdem gehen Menschen dort weiter auf die Straße und protestieren gegen die Besatzung. Viele, die das jetzt tun, waren vor der Invasion nie politisch aktiv«, so Ksenia. Laut der Aktivistin bestehe etwa im Donbas generell eine große Gefahr für Menschen, die sich nicht den vorherrschenden reaktionären Vorstellungen fügen würden. »In Russland sind Patriarchat und Homophobie wichtige Bestandteile der offiziellen Politik«, erklärt sie. Russland präsentiere sich als Verteidiger traditioneller Werte gegen den »dekadenten Westen«. Diese Homophobie schlage sich auch in der Gesetzgebung nieder, die »Homosexualitäts-Propaganda«, wie es in den offiziellen Erklärungen heißt, verbietet. Für LGBTQ-Organisationen sei es mittlerweile so gut wie unmöglich, in Russland aktiv zu sein. Russlands »Vasallenstaaten« würden diese Politik kopieren. »Im Krieg gegen Russland geht es also nicht nur um Verteidigung der territorialen Integrität der Ukraine, sondern auch darum, nicht unter ein homophobes Regime zu fallen.« Sie berichtet, dass sich Lwiw mittlerweile in einen Sammelort für Freiwilligenarbeit, besonders der Geflüchtetenunterstützung, verwandelt habe. Ein Ziel ihrer Gruppe sei es, die Sichtbarkeit queerer Aktivist*innen zu erhöhen. »Unsere Mitglieder haben einen linken politischen Hintergrund, viele verstehen sich als Anarchist*innen, alle als Feminist*innen«, sagt sie. Eine Verteidigung der Ukraine gegen den russischen Angriff halte man für notwendig. 50 Prozent der Einnahmen spende die Gruppe daher an die Territorialverteidigung.