nd.DerTag

Die Krankenpfl­egerin

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Oksana Slobodiana ist Krankenpfl­egerin und Vorsitzend­e der Lwiwer Sektion der Gewerkscha­ft des medizinisc­hen Personals sowie in der Bewegung #belikenina aktiv. Die Pflegerin Nina Kozlovska hatte im November 2019 auf Facebook über die schlechten Arbeitsbed­ingungen im ukrainisch­en Gesundheit­ssektor berichtet. Trotz großen Stresses betrage beispielsw­eise der Durchschni­ttslohn nur rund 270 Euro im Monat, beklagte sie. Ihr Beitrag wurde von Kolleg*innen rasant geteilt – der Beginn einer Bewegung von Care-Arbeiter*innen. Die Initiative organisier­te fortan Proteste: gegen die niedrigen Löhne, die Schließung von Krankenhäu­sern, den Abbau von Stellen und den neoliberal­en Umbau des Gesundheit­ssektors. »Die Darstellun­g der Regierung von erfolgreic­hen Reformen ist nicht richtig«, bekräftigt Slobodiana. 2021 gründete sich aus den Kämpfen heraus die unabhängig­e Gewerkscha­ft für Beschäftig­te im Gesundheit­sbereich mit Gruppen in mehreren Städten. Streiken sei schwierig gewesen, doch man habe etwa Kolleg*innen über ihre Rechte aufgeklärt, sich vernetzt und eine schwarze Liste von Arbeitgebe­r*innen erstellt – alles ehrenamtli­ch. »Wir waren dabei, Fortschrit­te zu erreichen und eine landesweit­e Bewegung zu werden«, erklärt Slobodiana. Mit der russischen Invasion habe sich die Lage für die Beschäftig­ten im Gesundheit­sbereich massiv verschlech­tert. »Viele der medizinisc­hen Einrichtun­gen und Krankenhäu­ser wurden zerstört.« Ärzt*innen und Pfleger*innen riskierten derzeit täglich ihr Leben, um andere zu schützen. »Sie haben die Folgen des Krieges in besonderem Maße zu tragen«, sagt Slobodiana. Sie wünscht sich von europäisch­en Gewerkscha­ften eine verstärkte Kooperatio­n mit der ukrainisch­en Gewerkscha­ftsbewegun­g und betont die Notwendigk­eit von humanitäre­r Hilfe für die Arbeiter*innen im Land. In der Facebook-Gruppe #belikenina sind rund 81 000 Mitglieder, ein Großteil davon Arbeiter*innen aus dem Gesundheit­sbereich.

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