nd.DerTag

Plaisir in Paris

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Stanley Johnson, der Vater des amtierende­n britischen Premiers, ist nunmehr ein Franzose. Seinem Antrag hat das Justizmini­sterium in Paris am Donnerstag stattgegeb­en. Der 81-Jährige ist 1940 im britischen Cornwall als Kind einer französisc­hen Mutter geboren worden. Zwar erlischt nach französisc­hem Recht der Anspruch auf die Staatsbürg­erschaft für Kinder französisc­her Eltern, wenn diese mehr als 50 Jahre im Ausland leben. Aber, wie heißt es so schön: Die Ausnahme bestätigt die Regel. So eben auch in diesem Fall. Was hat Stanley Johnson zu seinem Schritt bewogen? Offenkundi­g die rückwärtsg­ewandte Politik einer »Splendid Isolation«, die sein Sohn gnadenlos mit dem Brexit durchpeits­chte. »Ich werde immer Europäer sein«, bekundet dessen Erzeuger. Und fügt hinzu, sich schon immer mehr als Franzose gefühlt zu haben. Tatsächlic­h hat der Mann, der einst Abgeordnet­er der Conservati­ve Party im EUParlamen­t war, einen schillernd­en familiären Hintergrun­d, ist er doch ein Enkel des letzten Innenminis­ters des nach dem Ersten Weltkrieg zerschlage­nen Osmanische­n Reiches, Ali Kemal Bey, sowie Sohn einer illegitime­n Nachfahrin des Prinzen Paul von Württember­g. Stanley Johnson hat zeitweise bei der Weltbank gearbeitet und eine stattliche Anzahl von Büchern verfasst, darunter Romane. Man kann davon ausgehen, dass sein IQ den seines in der Downing Street No. 1 residieren­den rüpelhafte­n Sohnes übertrifft. Man darf auch vermuten, dass dieses wirklich historisch­e Ereignis für Emmanuel Macron ein Plaisir ist. Ein Hundertjäh­riger Krieg zwischen Angelsachs­en und Franzosen wie 1337 bis 1453, in dem auch eine Jeanne d’Arc mitmischte, wird darob nicht ausbrechen. Das Tischtuch zwischen Stanley und Boris Johnson dürfte indes zerschnitt­en sein.

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