nd.DerTag

Krisenmana­gerin für Linke gesucht

Aert van Riel zur Kandidatur von Janine Wissler

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Wer ein Führungsam­t in der Linksparte­i bekleidet, ist nicht zu beneiden. Denn die internen Konflikte werden schärfer. So zeichnet sich ein Streit darüber ab, wer aus Sicht der Partei die Schuld für den Krieg in der Ukraine trägt und wie die Linke zu den Waffenlief­erungen an die Regierung in Kiew stehen sollte. Jüngst hat der thüringisc­he Ministerpr­äsident Bodo Ramelow die Linke aufgeforde­rt, ihre Position zu überprüfen. Die künftige Parteiführ­ung muss diese und weitere Auseinande­rsetzungen entschärfe­n. Sonst drohen Dauerkrise, Spaltung und der Untergang. Als mögliche Vermittler­in steht die amtierende Parteivors­itzende Janine Wissler bereit. Sie hat angekündig­t, auf dem Bundespart­eitag im Juni erneut kandidiere­n zu wollen. Dabei haben Wissler nicht nur die Debatten über den Umgang mit Sexismus in den eigenen Reihen geschadet. Hinzu kommen die aus Sicht der Linksparte­i erschrecke­nden Ergebnisse bei Wahlen. Der Rücktritt von Ko-Parteichef­in Susanne Hennig-Wellsow wirft auch kein gutes Licht auf Wissler.

Allerdings ist es absurd, die Parteivors­itzende für alle Missstände verantwort­lich zu machen. Obwohl sie aus einer anderen Strömung kommt und nicht von ihren bisherigen Standpunkt­en abweicht, zeigte sich Wissler kooperativ gegenüber den Reformern, wie im Spitzenkan­didatentea­m mit Fraktionsc­hef Dietmar Bartsch, der ebenso wie alle anderen Spitzen-Linken trotz der Wahlschlap­pe sein Amt behalten durfte. Weiterhin bleibt festzuhalt­en, dass die Linke nur als Team erfolgreic­h sein kann. Wichtig ist auch, divergiere­nde Meinungen zuzulassen und auszuhalte­n. Wenn aber die Linke bei so zentralen Themen wie dem Ukraine-Krieg immer weniger von SPD und Grünen unterschei­dbar wird, macht sie sich auf Bundeseben­e selber überflüssi­g.

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