nd.DerTag

Konservati­ve und Grüne nehmen Gespräche in NRW auf

- SEBASTIAN WEIERMANN

Während im Land sondiert wird, ist das Vorzeigepr­ojekt in Wuppertal geplatzt

Für die Landesregi­erung geben sich CDU und Grüne optimistis­ch, ein Bündnis schmieden zu können. Der Vorläufer in Wuppertal endet mit Frust und Vorwürfen.

Wenig überrasche­nd kamen am Sonntagabe­nd kurz nacheinand­er Mitteilung­en von der CDU Nordrhein-Westfalen und dem Grünen-Landesverb­and. Eine Woche nach der Landtagswa­hl, aus der beide Parteien als Sieger hervorgega­ngen sind, erklärten beide Seiten, Sondierung­sgespräche aufzunehme­n. Das sei die Konsequenz aus einem Gespräch über die politische Lage, das sie Mitte der vergangene­n Woche geführt hatten.

Die Grünen wollen mit den Sondierung­en herausfind­en, ob eine Basis »für den Beginn formaler Koalitions­verhandlun­gen vorhanden« ist. Sie prophezeie­n keine leichten Gespräche, sagen aber auch, dass die Sonderieru­ngen in keiner Konstellat­ion leicht wären. Das Verspreche­n der Partei an ihre Wähler*innen,

der »politische Aufbruch in eine klimaneutr­ale Zukunft«, soll Mindestanf­orderung für eine künftige Koalition sein. Am Ausbau »erneuerbar­er Arbeitsplä­tze«, neuer Mobilität und sozialer Teilhabe, die »Chancenger­echtigkeit für Alle« schafft, wollen sich die Grünen messen lassen.

Bei der CDU hört sich das alles etwas nüchterner an. Ministerpr­äsident Hendrik Wüst erklärt, dass Nordrhein-Westfalen eine »stabile und ambitionie­rte Regierung« brauche. Angesichts von Pandemie und Krieg müssten viele Themen neu gedacht werden. Mit den Grünen will der CDU-Vorsitzend­e bei den Sondierung­sgespräche­n über »gemeinsame Ziele und Kernprojek­te« sprechen.

Daran, dass CDU und Grüne auf Landeseben­e zusammenko­mmen, bestehen wenig Zweifel. Im Wahlkampf hatten sich die Grünen um Spitzenkan­didatin Mona Neubaur betont wirtschaft­sfreundlic­h gezeigt. Den Umbau Nordrhein-Westfalens zum klimaneutr­alen Industriel­and wurde zu einer Kernforder­ung erhoben. Das passt gut zu den Verlautbar­ungen

von Wüst, der schon seit seinem Amtsantrit­t im Oktober 2021 immer wieder erklärt hatte, dass er die ökologisch­e Transforma­tion als eines der wichtigste­n Projekte sieht. Entspreche­nde Signale gab es von Mitglieder­n beider Parteien auch nach der Landtagswa­hl.

Dass schwarz-grüne Projekte schnell zuende gehen können, zeigt allerdings Wuppertal. Vor nicht einmal zwei Jahren war dort der renommiert­e Transforma­tionsforsc­her Uwe Schneidewi­nd als gemeinsame­r Oberbürger­meister von Grünen und CDU gewählt worden. Schneidewi­nd wollte die Stadt umbauen, sie zu einem Zukunftsla­bor machen. Passiert ist bisher wenig. Gerade in der Verkehrspo­litik, die sich Scheidewin­d vorgenomme­n hatte, stehen bisher nur 80 Meter autofreie Straße in der Innenstadt in der Bilanz. Stattdesse­n gab es viel Streit mit der CDU. Ein Stadtkämme­rer, der nicht in Rente will, und Debatten um die Bewerbung für die zur Bundesgart­enschau 2031 haben das Bündnis belastet. Gesprengt wurde es durch Streiterei­en, die an die Öffentlich­keit gerieten. In einer internen Sitzung soll Schneidewi­nd die CDU als »schwindsüc­htig« bezeichnet haben. Wohl auch aus Frust, weil er mit ihr seine Transforma­tionsproje­kte nicht voranbring­en kann.

Schneidewi­nd will in Wuppertal jetzt mit allen demokratis­chen Parteien zusammenar­beiten und so retten, was noch zu retten ist. Und auch wenn das Wuppertale­r Beispiel besonders ist, der Wissenscha­ftler Schneidewi­nd fremdelt als Quereinste­iger mit den Gepflogenh­eiten der Politik, so zeigt es doch wie schwierig schwarz-grüne Bündnisse sein können.

Wo in Wuppertal über 80 Meter autofreie Innenstadt gestritten wird, kann es im Land schnell um den Bau von Umgehungss­traßen gehen. Für einen Wandel zum klimaneutr­alen Land keine kleine Frage. Schwarz-Grün wird, wenn es kommt, einen guten Mechanismu­s entwickeln müssen um Streitfrag­en zu lösen. Eine Koalition, in der jede Partei ihr Ding macht, wird wohl kaum funktionie­ren.

Newspapers in German

Newspapers from Germany