»wertebasiert«
von Deutschland aus mutmaßlich Drohnenmorde zu ermöglichen? Hätte nach den neuen »wertebasierten« Regeln der Handel mit den USA nach Bekanntwerden der Folterprogramme nach 2001 zumindest eingeschränkt werden müssen, ebenso wie der Handel mit Polen, wo Foltergefängnisse angesiedelt wurden und auch mit China nach der Niederschlagung der Protestbewegung 1989? Wo fängt sie also an, diese »wertebasierte« Handelspolitik? Wo hört sie auf?
Vermutlich würde eine ernst gemeinte »wertebasierte« Handelspolitik die Zahl der von Horn erwähnten »präferierten« und »engen« Handelsverbindungen bereits erheblich reduzieren. Besonders problematisch sind die genannten »funktionalen« Handelsverbindungen. Es ist zu befürchten, dass sich bei solchen Einteilungen Doppelstandards einschleichen. Doppelstandards, die so entscheidend sind, dass sie eine zunächst vollmundig vorgetragene »Werteorientierung« am Ende wie Makulatur erscheinen lassen. Es besteht auch die Gefahr, dass eine »Werteorientierung« vorgeschoben wird, um durch »funktional« praktizierte Doppelstandards als Legitimationsideologie bestimmte geopolitische oder rein nationalökonomische Zwecke durchzusetzen.
Nichtsdestotrotz lässt sich natürlich über eine alternative Handelspolitik nachdenken, die stärker zum Beispiel auf Regionalisierung, kurze Handelswege, Menschenrechte, Umweltschutz und Sozialstandards setzt. Das wurde und wird bereits in Diskussionen um Postwachstum und eine sozial-ökologischen Transformation getan. Und freilich geben auch Corona, Systemrelevanz, Versorgungssicherheit, Havarien wie die um das Containerschiff »Ever Given« und die klimatischen Veränderungen gute Gründe an die Hand, Handel und Handelspolitik anders zu denken.
Demokratische »Werte« stehen nicht erst durch den UkraineKrieg unter Beschuss
Über eine andere Handelspolitik zu reflektieren, sollte aber auch damit einhergehen, sich ernsthafter und kritischer als bisher mit Ideen des »Wettbewerbs«, der Teilhabe, Partizipation, Verteilung und Fairness sowie den damit verbundenen politischen Entscheidungsprozessen auseinanderzusetzen. Denn die demokratischen »Werte«, das deutet der Text von Gustav Horn an, stehen nicht erst durch den Ukraine-Krieg unter Beschuss. Auch Handelspolitik kann ein Kampfmittel sein, wie Sanktionen und Begriffe wie »Handelskrieg« zeigen.
Wer von »wertebasierter« Handelspolitik spricht, sollte auch nicht über Ökonomisierung, Demokratieentleerung und soziale Desintegration
EU schweigen. Denn letztlich kann nur dann auch glaubhaft von »Werten« und »Wertebasierung« gesprochen werden. Das wäre eine zentrale Voraussetzung für eine vor allem integre »wertebasierte« Handelspolitik.
Das klingt nach Pluraler Ökonomik und Wirtschaftsethik? Nun, vielleicht wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, diese kritischen Perspektiven in ein Nachdenken über »wertebasierte Handelspolitik« einzubinden.
in Deutschland und der