Italien sperrt Geflüchtete aus
Vor Sizilien hoffen weiter Hunderte Migranten auf ihre Aufnahme
Rom. Nach tagelanger Ungewissheit hat das Rettungsschiff »Rise Above« der deutschen Hilfsorganisation Mission Lifeline in einem Hafen in Italien anlegen dürfen. Wie die Dresdner Organisation mitteilte, durften alle 89 Flüchtlinge an Bord das Schiff am Dienstag im Hafen von Reggio Calabria verlassen. Damit sei die fünftägige »Odyssee« für die Betroffenen vorerst zu Ende. Viele der Geretteten hatten unter Seekrankheit und Erschöpfung gelitten.
Die »Rise Above« hatte in den vergangenen Tagen 95 Menschen gerettet, die über das Mittelmeer von Nordafrika nach Europa kommen wollten. Sechs von ihnen wurden bereits aus medizinischen Gründen von dem Schiff evakuiert. Mission Lifeline hatte am Montagabend die Erlaubnis erhalten, in den Hafen von Reggio Calabria auf dem itali
enischen Festland zu fahren. Das Schiff kreuzte zuvor vor Sizilien, wo langsam der Treibstoff ausging.
Auf anderen Rettungsschiffen, die in Catania auf Sizilien anlegen durften, mussten Hunderte Migranten hingegen zunächst an Bord bleiben. Darunter waren 35 Migranten auf dem deutschen Schiff »Humanity 1«. Dem in Norwegen registrierten Rettungsschiff »Ocean Viking« der Hilfsorganisation SOS Méditerranée wiesen die Behörden dagegen immer noch keinen Hafen zu. Am Dienstagmorgen befand es sich vor Syrakus vor Sizilien, wie ein AFP-Fotograf an Bord berichtete. Für die 234 Geretteten sei die Situation »unerträglich«, erklärte SOS Méditerranée. Nach 17 Tagen an Bord sei die psychische Belastung groß, viele der Geretteten litten unter Schlaflosigkeit, Angst und Depressionen.
Italiens neue Regierung unter der ultrarechten Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat einen restriktiveren Kurs im Umgang mit Bootsflüchtlingen angekündigt. Innenminister Matteo Piantedosi vertritt den Standpunkt, dass die Länder, unter deren Flagge die privaten Rettungsschiffe fahren, für die geretteten Menschen an Bord verantwortlich seien. Hilfsorganisationen kritisieren das Vorgehen der Regierung in Rom. Innenminister Piantedosi hatte Kritik am Montag zurückgewiesen: Die Regierung handle »mit Menschlichkeit«, halte aber zugleich klar an ihren »Prinzipien« fest. Er forderte eine EU-weite Lösung für den Umgang mit den Migranten an Bord der Rettungsschiffe. Nach offiziellen Angaben sind in diesem Jahr schon 88 100 Migranten auf dem Seeweg nach Italien gekommen.