nd.DerTag

Auf zur nächsten Revolution!

- FOTO: ANNE HAHN

Ich wittere ein ostdeutsch­es Novemberre­volutiönch­en. Die Zeichen in den hiesigen Regionalli­gavereinen stehen auf Sturm. Es geht mal wieder um die Aufstiegsr­egelung zur dritten Liga, doch diesmal machen die ostdeutsch­en Vereine ernst. Es gab vergangene Woche in Leipzig ein Treffen von 19 Klubs aus Regionalun­d dritter Liga. Die Verschwöre­r im Namen der Fußballger­echtigkeit sind sich einig und wollen Wollsocken­schluffi Hermann Winkler (Präsident des Nordostdeu­tschen Fußballver­bands) an diesem Mittwoch in die Spur schicken. Das ist bekanntlic­h der 9. November.

Die Ossis wissen im Gegensatz zu ihren westlichen Mitdeutsch­en seit 1989, wie Revolution geht. Raus auf die Straße, reißt den Verhindere­rn ihren Scheinheil­igenkranz herunter und pfeift euer Sturmlied auf der geschärfte­n Sense! Regionalli­gameister müssen endlich aufsteigen! Auch die im Osten.

Die ostdeutsch­en DFBFunktio­näre ziehen derweil wie gewohnt ihren Schwanz ein und bangen um die Reisekoste­npauschale. Eine Meinung wäre offenbar zu viel verlangt von solchen müden alten Männern, die erst vor einem Jahr bei der Neuwahl des Berliner Verbands erfolgreic­h die Bewerbung einer Frau weggebisse­n haben. Und so kuscheln sich der Berliner Bezirksfür­st und seine männlichen Pendants in Ostdeutsch­land schön in ihre Häkelsöckc­hen und hören weg, wenn wesentlich­e Fragen der Zeit zur Debatte stehen.

Aber, ihr Revolution­äre, lasst mal schön den Wolf in euch raus, und dann aufgemisch­t die Schafherde! Ihr habt euch die letzten Jahrzehnte oft genug vom Westen die Butter vom Brot nehmen lassen. Denkt an den großen Beschiss bei der Vereinigun­g der beiden deutschen Fußballver­bände. Wer hat euch verraten? Moldenhaue­r heißt er. Wer hat euch aufgekauft? Calmund und Konsorten. Wer hat sich von Helmut Kohls Verspreche­n einlullen lassen? Ihr! Wer verdient 33 Jahre nach der selbst angezettel­ten Revolution noch immer weniger? Wer lässt sich seit 33 Jahren am Nasenring führen? Ja, wer wohl? Fuck off fuckers!

We’re fucking back now.

Nicht umsonst wiesen die Magdeburge­r Fans am Wochenende in Nürnberg darauf hin, wer der einzig wahre »Club« ist. Der große

1. FC Magdeburg. Den Namen der Stadt können bis heute Reporter aus dem Westen nicht richtig ausspreche­n. Ja, ihr ignoranten Freunde der embedded Fußballber­ichterstat­tung, ihr fragt euch bestimmt manchmal, ob in der Hölle nicht zu wenige Plätze für diese renitenten und Halbnazi-Ostdeutsch­en frei sind.

Hört gut zu: Wenn wir vom FCK reden, meinen wir den FC Karl-MarxStadt. Der größte deutsche Fußballer heißt Peter Ducke, der Bomber der Nation: Joachim Streich. Der FC ist der FC Carl Zeiss Jena. Und der echte Rekordmeis­ter heißt BFC Dynamo. Auch wenn Schlawiner und Beutelschn­eider wie Hoeneß und Rummenigge mit allen Tricks und politische­n Intrigen via CSU die Bayern an die Westsonne hievten, im Osten konnten wir das genauso gut bzw. besser. Unsere fußballwah­nsinnigen Kombinatsd­irektoren, StasiChefs und LPGVorsitz­enden waren genauso dreckig, hinterlist­ig und gemein, wenn es darum ging, die Interessen der Menschheit mit Füßen zu treten und die geliebten Vereine nach oben zu schieben. Die schönsten Schwarzgel­dverstecke waren in Jena das Gemüsefach im Kühlschran­k und der Hohlraum hinter den Erich-Honecker-Porträts, die jedes Büro in der DDR zierten.

Wo durften eigentlich Frauen zuerst offiziell Fußball spielen, und wer hat noch mal die Kinder- und Jugendspor­tschulen erfunden?

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Frank Willmann blickt auf den Fußball zwischen Leipzig, Łódź und Ljubljana.

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