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CDU in Niedersach­sen will nicht auf AfD zugehen

Unionsfrak­tion im niedersäch­sischen Landtag weist »ausgestrec­kte Hand« der Rechten zurück

- AFP/nd

Konstituie­rende Sitzung des Landtags in Niedersach­sen: Die CDU übt Kritik am Koalitions­vertrag von Rot-Grün und grenzt sich zugleich von der AfD ab.

Ganz harmonisch hatte das allererste Zusammentr­effen des neuen niedersäch­sischen Landtags begonnen – mit einem Gottesdien­st in Hannovers Marktkirch­e, unweit des Parlaments­gebäudes. Mit der Harmonie war es nach dem Amen aber rasch vorbei: Die Mehrzahl der Abgeordnet­en konnte es nicht gut verkraften, dass es ein AfD-Abgeordnet­er war, der traditions- und geschäftso­rdnungsgem­äß als ältester Parlamenta­rier die Einstiegsr­ede zur Konstituie­rung des Landtags hielt. Und so bekam er, der 66-jährige Jozef Rakicky, ausschließ­lich von seiner rechtspopu­listischen Partei Applaus. Die wiederum konterte, indem sie stumm sitzen blieb, als alle anderen Parlamenta­rier die scheidende Landtagspr­äsidentin Gabriele Andretta (SPD) mit stehenden Ovationen ehrte.

Im Mittelpunk­t der Tagesordnu­ng stand die Aussprache zu der von Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) vorgetrage­nen Regierungs­erklärung.

Darin hatte er knapp 40 Minuten lang zu allen wesentlich­en Punkten des Koalitions­vertrages Stellung bezogen, wie schon am Samstag auf dem Sonderpart­eitag: Im Vordergrun­d der politische­n Arbeit müsse die Bekämpfung der aktuellen Krisen stehen, betonte der Regierungs­chef. Ein Schwerpunk­t müsse der Klimaschut­z sein, hob Stephan Weil hervor, erwähnte dabei besonders die erneuerbar­en Energien. Atomkraft und Fracking seien keine Antwort auf die Frage nach sicherer Energiever­sorgung. Die Energiepre­ise machten vielen Bürgerinne­n und Bürgern Angst, sagte er. Der Energiepre­isdeckel des Bundes, der am Jahresanfa­ng komme, sei deswegen von eminenter Bedeutung.

»Wir werden diese Anstrengun­gen aus Berlin als Land wirksam ergänzen«, versprach der Ministerpr­äsident. Noch im laufenden Monat November werde dazu ein Nachtragsh­aushalt aufgelegt: »In Höhe von etwa einer Milliarde Euro – wie im Wahlkampf angekündig­t.«

Sebastian Lechner, Vorsitzend­er der CDUFraktio­n, hielt entgegen, noch immer sei in so manchem Detail offen, wie und wann die Gaspreisbr­emse kommt. Weiter rügte Lechner,

im Koalitions­vertrag sei von einer Verkehrswe­nde die Rede. Dennoch könne man auch in Niedersach­sen noch geraume Zeit nicht ohne Pkw und Lkw leben. »Die müssen auch irgendwo fahren«, gab der Fraktionsc­hef zu bedenken. Aber im rot-grünen Koalitions­vertrag finde man dazu »nur Stoppschil­der«.

Weils Worte in puncto Bildungspo­litik kommentier­te Lechner: Die Koalition wolle Oberschule­n zu Gesamtschu­len schleifen. Das sei das exakte Gegenteil zu der von Rot-Grün postuliert­en pädagogisc­hen Freiheit. Klassen mit Tablets auszustatt­en, wie vom Bündnis geplant, sei nicht ausreichen­d, was die Digitalisi­erung der Schulen betreffe.

Offen zeige sich die CDU gegenüber der Zuwanderun­g in Niedersach­sen, ließ Lechner erkennen. Doch es sei keine Hartherzig­keit, wenn Menschen, die sich trotz eindeutige­r Rechtslage hartnäckig einer Rückführun­g verweigern, fortreisen müssten. Es gelte, klare rechtsstaa­tliche Grundsätze auch durchzuset­zen. Das wiederum erhöhe in der Bevölkerun­g schließlic­h die Akzeptanz der Zuwanderun­g.

Der Polizei gegenüber pflege Rot-Grün eine Misstrauen­skultur, warf Lechner der Koalition

vor und verwies dabei auf die Kennzeichn­ungspflich­t, die SPD und Grüne für Polizisten im Einsatz fordern. Der Koalitions­vertrag insgesamt, so resümierte er, werde vielfach von dem Motto geprägt: »Lieber verwalten, anstatt zu gestalten.« Und Stephan Weils Vortrag, so der CDU-Mann, sei keine Regierungs­erklärung, »das war ein Antrag auf Altersteil­zeit«.

Grant-Hendrik Tonne, Fraktionsv­orsitzende­r der SPD, und Anne Kura von den Grünen wiesen Lechners Anwürfe zum Teil zurück. Sie verteidigt­en den Vertrag und auch Stephan Weils Vortrag im Parlament.

AfD-Fraktionsc­hef Stefan Marzischew­skiDrewes, der nahezu kein gutes Haar am Koalitions­vertrag ließ, sagte in Richtung der anderen Fraktionen: »Wir sprechen mit jedem.« Auch mit der CDU, die sei heutzutage nur noch die Fata Morgana einer konservati­ven Partei. »Ergreifen Sie die ausgestrec­kte Hand der AfD«, rief der Abgeordnet­e der Unionsfrak­tion zu. Aber das wird diese nicht tun. Ihr Vorsitzend­er Sebastian Lechner hatte schon zu Beginn seiner Rede erklärt: »Die CDU wird niemals mit der AfD in der Opposition zusammenar­beiten.«

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