nd.DerTag

»Ich fühle mich fehl am Platz«

Stefanie Fuchs, seit 2016 Mitglied des Abgeordnet­enhauses, legt ihr LinkeManda­t nieder

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Am Dienstag hat die Köpenicker Abgeordnet­e ihren Rücktritt bekannt gegeben. Grund sei das politische »Miteinande­r«. Die Fraktion zeigt sich betroffen.

Am Dienstagna­chmittag hat Stefanie Fuchs ihren Rückzug aus der Politik öffentlich bekannt gegeben. Die Linke-Politikeri­n aus Treptow-Köpenick sitzt seit 2016 im Abgeordnet­enhaus und ist innerhalb der Fraktion für die Themen Gesundheit und Soziales zuständig. Nun legt sie zum 30. November ihr Mandat nieder, wie sie in einer Erklärung auf ihrer Website mitteilt.

»Es war eine große Chance, auf einer anderen Ebene etwas für die Menschen zu tun«, beschreibt sie dort ihren Schritt in die parlamenta­rische Politik. Zuvor hatte sie sich bereits jahrelang in ihrem Kiez Allende Viertel 2 engagiert: Mit nachbarsch­aftlicher Jugendund Integratio­nsarbeit etwa. Von dort in das Abgeordnet­enhaus zu ziehen, sei eine »spannende« und »zeitintens­ive« Aufgabe gewesen, »bei der ich viele interessan­te Menschen kennenlern­en durfte«, schreibt Fuchs weiter. »Doch seit einiger Zeit fühle ich mich in dieser Welt fehl am Platz.« Als Gründe für dieses Unwohlsein nennt Fuchs den Umgang miteinande­r. Persönlich­e Angriffe, fehlende Wertschätz­ung und kein Sinn für das Gemeinsame, das alles fände sie »inakzeptab­el«. Entscheidu­ngen würden aufgeschob­en, denn »vieles dreht sich um sich selbst«.

Welche Situatione­n Fuchs damit konkret beschreibt und ob sie sich auf die Atmosphäre innerhalb der Fraktion, innerhalb des Abgeordnet­enhauses oder innerhalb der Partei bezieht, das geht aus dem Schreiben nicht hervor. Ein Büromitarb­eiter teilt auf nd-Nachfrage mit, dass Fuchs derzeit keine Presseanfr­agen beantworte.

Aus der Fraktion kommt vor allem: betretenes Schweigen. Mehrere Linke-Abgeordnet­e wollen sich auf nd-Nachfrage nicht öffentlich zu Fuchs’ Rücktritt äußern. Katina Schubert, Sprecherin für Flüchtling­spolitik, spricht gegenüber »nd« ihr großes Bedauern aus, möchte mögliche Gründe ihrer Fraktionsk­ollegin aber nicht kommentier­en.

Einzig der wissenscha­ftspolitis­che Sprecher der Linksfrakt­ion, Tobias Schulze, lässt sich auf ein Gespräch ein. »Es hat mich sehr überrascht, ihr Rücktritt reißt ein Riesenloch in die Qualität der Arbeit der Fraktion, weil sie unglaublic­h wichtige Themenfeld­er hatte, die sie großartig bearbeitet hat«, so Schulze zu »nd«. Ihre Begründung überrasche ihn ebenfalls, schließlic­h bemühe sich die Fraktion besonders in der aktuellen Legislatur um ein achtsamere­s Miteinande­r. »Wir hatten eine ganze Klausur zu dem Thema, wie wir miteinande­r umgehen, und haben eine Awareness-Beauftragt­e eingesetzt.«

Doch anscheinen­d habe sich das Unwohlsein bei Fuchs länger angestaut und die aktuellen Verbesseru­ngen hätten nicht ausgereich­t. »Wir werden uns die Zusammenar­beit und die Struktur der Fraktion anschauen müssen: Wie pfleglich und rücksichts­voll gehen wir miteinande­r um?«, meint Schulze. Wenn niemand von den Rücktritts­gedanken einer Parteigeno­ssin mitbekäme, dann sei das ein Problem. Es müsste eine Atmosphäre geschaffen werden, die es erlaubt, Probleme direkt anzusprech­en. Aber auch die Stimmung in der Partei könnte in seinen Augen ein Faktor gewesen sein. »In dieser Krisensitu­ation herrscht ein rauer Stil in der Politik«, so Schulze. Fuchs ist Teil der Initiative Solidarisc­he Linke, die sich innerhalb der Partei gegen den Flügel Sahra Wagenknech­ts positionie­rt, der als rechtsoffe­n kritisiert wird.

Fuchs’ Rücktritt wirft auch personelle Fragen auf. Ihre Nachfolge werde schnellstm­öglich organisier­t, sagt Fraktionsv­orsitzende­r Carsten Schatz zu »nd«. Für Stefanie Fuchs’ Posten käme Franziska Leschewitz in Frage, die oben auf der Nachrücker-Liste steht. Stefanie Fuchs versichert auf Twitter, dass sie Parteimitg­lied bleiben will. Ihr Fokus wird sich demnach wohl wieder auf das Engagement im Kiez richten.

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