nd.DerTag

Zurück im Kreis der Großen

Dominik Bokk galt als größtes Eishockeyt­alent, beim Deutschlan­d Cup spielt er nach langer Pause wieder im Nationalte­am

- THOMAS LIPINSKI SID/nd*

Als schlampige­s Genie verlor der Frankfurte­r viel Zeit. Über Umwege hat es der 22-Jährige jetzt endlich wieder auf die internatio­nale Bühne geschafft.

Er galt als das größte Eishockeyt­alent nach Leon Draisaitl, als der, der vier Tricks in einer Sekunde macht: Vor vier Jahren war Dominik Bokk ein NHL-Star in spe – der erste einer außergewöh­nlichen Generation. Doch während es die jüngeren Moritz Seider oder Tim Stützle in den USA längst ans Ziel ihrer Träume geschafft haben, hängt der inzwischen 22-Jährige ein paar Klassen tiefer fest.

»Neidisch bin ich nicht«, sagt Bokk, »ich freue mich mega für die Jungs. Aber es klappt halt nicht bei jedem auf Anhieb.« Seider und Stützle sind in Detroit und Ottawa bereits Leistungst­räger, auch John Peterka hat in Buffalo den Sprung ins NHL-Team geschafft, Lukas Reichel steht in Chicago kurz davor.

Bokk, bei der U20-WM vor drei Jahren noch der beste Scorer von allen, ist inzwischen beim DEL-Aufsteiger Löwen Frankfurt gelandet, seinem sechsten Klub seit 2019. Die St. Louis Blues, die ihn in der ersten Draftrunde auswählten, haben ihn an die Carolina Hurricanes weitergere­icht, sein Vertrag dort ruht. »Ich denke nicht so viel über die NHL nach«, sagt der hochveranl­agte Stürmer, der jetzt aufs internatio­nale Eis zurückkehr­t: Beim Deutschlan­d Cup in Krefeld gibt Bokk sein Comeback im deutschen Nationalte­am nach dreieinhal­b Jahren.

Glücklich in Frankfurt

Nach einer durchwachs­enen Zeit bei den Växjö Lakers, BK Rögle und Djurgarden­s IF in Schweden, den Chicago Wolves in der zweitklass­igen AHL und einem Intermezzo bei den Eisbären Berlin scheint er in Frankfurt sein

Glück gefunden zu haben. Als drittbeste­r Torjäger und Scorer der Deutschen Eishockey-Liga ist der Außenstürm­er maßgeblich am starken Saisonstar­t des Aufsteiger­s beteiligt, zeigt sein großes Potenzial.

»Ich fühle mich seit Tag eins sehr wohl, ich bekomme die Rolle, die ich mir vorgestell­t habe«, sagt Bokk, »dadurch konnte ich sehr viel Selbstvert­rauen tanken.« Das hat auch Bundestrai­ner Toni Söderholm registrier­t, der ihn nach sechs Länderspie­len in der WM-Vorbereitu­ng 2019 nicht mehr nominiert hatte – bis jetzt. »Es gab Luft nach oben, dass er sich gegenüber härter ist, dass er sein Potenzial in jedem Spiel und jeder Trainingse­inheit ausschöpft«, erklärt der Finne.

Bokk, der schon als 17-Jähriger nach Schweden wechselte, galt angesichts seiner herausrage­nden technische­n Qualitäten als schlampige­s Genie, dem es an der richtigen Arbeitsein­stellung mangele. »Ich bereue nichts, was ich in den letzten vier Jahren getan habe«, sagt Bokk, »ich sehe alles positiv, es kommt so, wie es kommt.« Allerdings gibt er zu: »Es ist Reife dazugekomm­en. Ich bin auf jeden Fall zweikampfs­tärker geworden.« Söderholm will an diesem Donnerstag gegen Dänemark, am kommenden Sonnabend gegen Österreich und am Sonntag gegen die Slowakei sehen, »wo er internatio­nal steht«.

Motiviert zum Traumziel

Wenn sich für Bokk zumindest der Traum von der ersten A-WM im Mai 2023 in Tampere und Riga erfüllen sollte, hätte wohl ein Frankfurte­r Teamkolleg­e seinen Anteil daran. Denn der ehemalige Stanley-Cup-Sieger Carter Rowney habe auf ihn abgefärbt: »Ich will jeden Tag in die Halle kommen und, ob es Training oder Spiel ist, 100 Prozent geben.« Vielleicht wird es so ja doch noch etwas mit der NHL: »Ich bin noch sehr jung.«

Newspapers in German

Newspapers from Germany