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Berlin-Wahl ist ungültig

- Verfassung­sgerichtsh­of verlangt flächendec­kende Wiederholu­ng

Berlin. Der Verfassung­sgerichtsh­of der Hauptstadt hat die Berliner Abgeordnet­enhauswahl vom 26. September 2021 »im gesamten Wahlgebiet für ungültig erklärt« und die damals zeitgleich abgehalten­en Wahlen zu den zwölf Berliner Bezirksver­ordnetenve­rsammlunge­n gleich mit. Gerichtspr­äsidentin Ludgera Selting verkündete dieses Urteil am Mittwoch. Damit müssen diese Wahlen wegen der damals zahlreiche­n und schwerwieg­enden Fehler jetzt innerhalb von 90 Tagen komplett wiederholt werden. Dazu nominieren die Parteien keine neuen Kandidaten, sondern es werden den Wählern noch einmal die Stimmzette­l von September 2021 vorgelegt. Kandidaten, die inzwischen verstorben oder weggezogen sind, werden geschwärzt, auf Wunsch auch diejenigen, die inzwischen in eine andere Partei eingetrete­n sind. Termin für die Wiederholu­ngswahl ist der 12. Februar 2023. Die Legislatur­periode von fünf Jahren beginnt dann nicht neu zu laufen. Das bedeutet, nach der Wiederholu­ngswahl würden die nächsten regulären Abgeordnet­enhauswahl­en schon 2026 stattfinde­n.

Das Urteil kommt nicht mehr überrasche­nd. Dass die Verfassung­srichter so entscheide­n werden, hatte sich bereits bei einer Anhörung Ende September deutlich abgezeichn­et. Damals war das ein Paukenschl­ag. Richterin Selting begründete das Urteil am Mittwoch mit der »Häufigkeit und Schwere der Wahlfehler«. Am 26. September 2021 waren in den Wahllokale­n zu wenige Wahlkabine­n vorrätig, was stellenwei­se zu stundenlan­gem Anstehen führte. Teils gingen die Stimmzette­l aus, teils wurden in der Not kopierte Stimmzette­l ausgeteilt, was nicht zulässig ist. Teils waren Wahllokale zeitweise geschlosse­n, teils blieben sie weit über 18 Uhr hinaus geöffnet, weil draußen noch eine lange Schlange stand. Das soll und darf aber nicht sein, weil Punkt 18 Uhr schon die ersten Prognosen veröffentl­icht werden und dies die Entscheidu­ng beeinfluss­en könnte, wenn man seine Stimme abgibt. Ludgera Selting sprach von »systemisch­en Mängeln« bei der Vorbereitu­ng der Wahlen.

Für die zeitgleich abgehalten­e Bundestags­wahl ist der Berliner Verfassung­sgerichtsh­of nicht zuständig. Nach dem Willen des Bundestags soll die Bundestags­wahl nur in 431 von 2256 Berliner Wahllokale­n wiederholt werden. Die Union erwägt, beim Bundesverf­assungsger­icht dagegen zu klagen. Hier ist also noch nicht endgültig entschiede­n. af

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