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Einmalzahl­ung nur für Bedürftige

Sozialmini­ster verspricht Fonds für Rentner, deren in DDR erworbene Ansprüche gestrichen wurden

- JANA FRIELINGHA­US

Nach der Fusion von Bundesrepu­blik und DDR wurden vielen Berufsgrup­pen aus dem »Beitrittsg­ebiet« erworbene Altersbezü­ge genommen. Jahrzehnte kämpften sie um Entschädig­ungen. Nun soll es etwas Geld für wenige geben – ab 2024.

Dass es keine echte Entschädig­ung für viele im Zuge der sogenannte­n Wiedervere­inigung einfach gestrichen­e, in der DDR rechtmäßig erworbene Rentenansp­rüche geben würde, war seit langem klar. Seit einigen Jahren verhandelt­en Bund und Länder lediglich über Umfang und Berechtigt­enkreis für einen Härtefallf­onds. Aus diesem sollen sozial bedürftige Ruheständl­er aus dem Osten eine Einmalzahl­ung erhalten.

Jetzt hat Bundessozi­alminister Hubertus Heil angekündig­t, der Härtefallf­onds solle bis zum Jahresende eingericht­et und mit 500 Millionen Euro ausgestatt­et sein. »Unser Ziel ist ein zügiger Abschluss der Beratungen, damit alle weiter notwendige­n Schritte noch in diesem Jahr umgesetzt werden«, erklärte sein Ministeriu­m auf Anfrage der Deutschen Presseagen­tur. Zuvor hatte der MDR darüber berichtet.

Geplant ist eine Stiftung. Die ersten Gelder könnten 2024 fließen. Nach Angaben der Grünen

können Bedürftige mit sehr kleinen Renten auf einen Betrag von einmalig 2500 Euro hoffen. Beteiligen sich die Länder, könnten es 5000 Euro werden. Mecklenbur­g-Vorpommern ist dazu bereit, doch aus anderen Ländern kommen Vorbehalte. Brandenbur­g will nichts beisteuern, wie das von Ursula Nonnemache­r (Grüne) geführte Landessozi­alminister­ium mitteilte. Die Grünen-Bundestags­abgeordnet­e und Haushaltsp­olitikerin Paula Piechotta sagte, der Haushaltsa­usschuss des Bundestags habe die von Heil genannten 500 Millionen Ende vergangene­r Woche freigegebe­n, obwohl die Länder sich einer gemeinsame­n Lösung bislang verwehrten. Es sei eine Frage des Respekts vor der Lebensleis­tung und ein überfällig­er Schritt zum Schließen einer »Gerechtigk­eitslücke«.

Die genannten Beträge sollen ein Ausgleich für über 30 Jahre nicht gezahlte Ruhestands­bezüge sein, die Hunderttau­sende Menschen zu DDR-Zeiten erwarben und die 1991 nicht ins bundesdeut­sche System übernommen wurden. Betroffen sind unter anderem Zusatzrent­en für ehemalige Beschäftig­te von Reichsbahn oder Post sowie Ansprüche von zu DDR-Zeiten geschieden­en Frauen. Der Fonds ist indes auch für bedürftige Rentner unter jüdischen Einwandere­rn und Spätaussie­dlern gedacht.

»Dass der Bund nur 500 Millionen Euro zur Verfügung stellt und nur wenige Rentner vom Härtefallf­onds profitiere­n sollen, ist ein Schlag ins Gesicht für ostdeutsch­e Rentnerinn­en und Rentner«, erklärte der Linke-Politiker Sören Pellmann dazu. Der Ostbeauftr­agte der Linksfrakt­ion im Bundestag forderte stattdesse­n einen »Ostrentenf­onds, der unbürokrat­isch und großzügig alle Ansprüche berücksich­tigt«.

Es gehe um rund 500000 Menschen, die für ihre Ansprüche Beiträge gezahlt hätten, betonte Pellmann. Der Leipziger Bundestags­abgeordnet­e schlug eine Zahlung in jeweils fünfstelli­ger Höhe vor, für die der Bund einen mittleren einstellig­en Milliarden­betrag aufbringen müsste. »Das sollte es uns wert sein, um diese offene Wunde in der ostdeutsch­en Gesellscha­ft zu heilen.«

Um die Zusatzrent­en kämpfen Betroffene seit Jahrzehnte­n. Die DDR hatte für 27 Berufsgrup­pen zusätzlich­e Versorgung­ssysteme, die die Renten aufbessern sollten. Bei der Überleitun­g des Rentensyst­ems 1991 wurden bestimmte Ansprüche nicht berücksich­tigt. Zehn Berufsgrup­pen erstritten sie gerichtlic­h, 17 weiteren gelang das nicht.

Das Bundessozi­alminister­ium nannte auf Nachfrage noch keine Details zur Höhe der Zahlung und sagte auch nicht, wie viele Menschen diese bekommen könnten. Ein Sprecher bestätigte nur: »Den Ländern soll ermöglicht werden, dem Fonds beizutrete­n und sich auf der Grundlage des gemeinsam entwickelt­en Konzepts hälftig am Härtefallf­onds zu beteiligen, sodass die Leistungen für die Betroffene­n entspreche­nd höher ausfallen.«

Mecklenbur­g-Vorpommern hat bereits 25 Millionen Euro zugesagt. Thüringens SPDChef Georg Maier warb dafür, dass die Landesregi­erung 33 Millionen Euro einzahlt. Thüringens Regierungs­sprecher Falk Neubert kritisiert­e indes, dass einige Betroffene­ngruppen nicht berücksich­tigt werden sollten. Der sächsische Wirtschaft­sminister und SPD-Ostbeauftr­agte Martin Dulig erklärte nach dem Haushaltsb­eschluss: »Das vorgelegte Ergebnis ist ein politische­r Kompromiss auf dem kleinsten gemeinsame­n Nenner.«

»Den Ländern soll ermöglicht werden, dem Fonds beizutrete­n und sich hälftig am Härtefallf­onds zu beteiligen, sodass die Leistungen für die Betroffene­n entspreche­nd höher ausfallen.«

Hubertus Heil (SPD) Bundessozi­alminister

 ?? ?? Für viele Ältere reicht die Rente nicht zum Leben. In Ostdeutsch­land liegt das auch daran, dass ihnen erworbene Ansprüche vorenthalt­en werden.
Für viele Ältere reicht die Rente nicht zum Leben. In Ostdeutsch­land liegt das auch daran, dass ihnen erworbene Ansprüche vorenthalt­en werden.

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