Bäume sollen fallen
Der Bebauungsplan für die Innenhöfe im Ilsekiez kann nicht rechtzeitig festgesetzt werden
Die landeseigene Howoge kann ab Dezember Bauanträge für das Nachverdichtungsprojekt im Ilsekiez stellen. Schuld sei die SPD, sagen Linke und Grüne.
Man habe in den Gesprächen mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die Bedenken nicht ausräumen können, schreibt Lichtenbergs Baustadtrat Kevin Hönicke (SPD) in einer Mitten in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch verschickten Mail. Damit drohe jetzt das, was die Anwohner im Lichtenberger Ilsekiez und die Bezirkspolitik vehement verhindern wollen: Die landeseigene Howoge kann schon ab Dezember einen Bauantrag für ihr Nachverdichtungsprojekt im Lichtenberger Ilsekiez stellen, womit Bäume in grünen Innenhöfen dann auch Beton weichen müssten.
Linke und Grüne sind entsetzt. Nicht nur von Baustadtrat Hönicke, sondern auch von Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD). »Es ist ein Versagen auf ganzer Linie. Stadtrat Hönicke und Senator Geisel hätten die Innenhöfe zusammen retten können, setzen gegen den Willen der Bürger aber nun auf Bebauung«, sagt Norman Wolf, Fraktionsvorsitzender der Linken in der Lichtenberger Bezirksverordnetenversammlung (BVV). »Es ist eine völlige Missachtung der demokratischen
Meinung im Bezirk«, betont Daniela Ehlers, Fraktionsvorsitzende der Grünen in der BVV.
Der Fall des Ilsekiezes hatte im vergangenen Monat hohe Wellen geschlagen. Die Howoge will hier seit Jahren in einem grünen Innenhof bauen. Der Bezirk wollte das mit einem Bebauungsplan, kurz B-Plan, verhindern. In ihm kann festgelegt werden, was genau gebaut werden darf. Für die Zeit bis der Plan für den Ilsekiez festgesetzt wird, hat der Bezirk mit einer Veränderungssperre die Bebauung zwischenzeitlich aufgehalten. Nun läuft Anfang Dezember die Veränderungssperre aus, bis dahin müsste der B-Plan verabschiedet sein.
Im Oktober hatte Hönicke noch erklärt, dass die Festsetzung des Bebauungsplans an Einwänden der grün geführten Senatsmobilitätsverwaltung scheitern würde. Von vielen Seiten gab es anschließend lautstark Kritik am SPD-Stadtrat, da die Bedenken der Verwaltung von Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch ausräumbar seien und vor allem die von Hönickes Parteifreund Andreas Geisel geführte Stadtentwicklungsverwaltung handwerkliche Fehler bemängelt habe. Die Veränderungssperre zu verlängern, käme nicht infrage, weil die Howoge angekündigt habe, dagegen Rechtsmittel einlegen zu wollen, teilt Hönicke in seiner Mail mit. Er sagt, die Howoge hätte dem Bezirk gegenüber angekündigt, »von ihrem Baurecht Gebrauch zu machen«.
Daniela Ehlers erwartet von der Howoge, dass sie auf die Bebauung verzichtet. »Wir haben hier im Bezirk viele weitere gemeinsame Bauprojekte mit dem landeseigenen Wohnungsunternehmen, an denen wir weiter kooperativ arbeiten wollen«, sagt sie. Eine Sprecherin der Howoge wiederum bestätigt, dass derzeit die Einreichung von Bauanträgen unter anderem für circa 230 Wohnungen in elf Wohngebäuden vorbereitet werde.
Auch wenn die Howoge nicht freiwillig verzichtet, müssen die Messen für den Ilsekiez noch nicht gelesen sein, letztlich ist das Wohnungsunternehmen in Landesbesitz. »Das Land kann die Howoge anweisen, hier nicht zu bauen«, sagt Norman Wolf. Es brauche eine politische Entscheidung, so der Linke-Politiker. Ob diese zugunsten der Anwohner im Ilsekiez ausfällt, ist aber fraglich. Zwar ist die Senatsfinanzverwaltung Gesellschafter bei den Landeseigenen, Ehlers weist aber darauf hin, dass Stadtentwicklungssenator Geisel sich für die Bebauung der Innenhöfe ausspricht.
»Ich kann nur hoffen, dass Herr Geisel nicht länger im Amt bleibt. Er blockiert überall die Anliegen von Bürgern«, sagt Linke-Politiker Wolf mit Blick auf die anstehende Wahlwiederholung in Berlin.