Neue China-Strategie macht Peking wütend
Menschenrechte sollen beim Handel in den Fokus rücken
Berlin. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) will die wirtschaftliche Kooperation mit China offenbar stärker als bisher von der dortigen Menschenrechtslage abhängig machen. Das geht nach Informationen des Nachrichtenmagazins »Spiegel« vom Mittwoch aus dem Entwurf für eine neue China-Strategie der Bundesregierung hervor, die das Auswärtige Amt vor einigen Tagen zur Abstimmung an die anderen Ministerien verteilt habe. Das als Verschlusssache eingestufte Papier liegt dem »Spiegel« nach eigenen Angaben vor. Baerbocks Ministerium will demnach in der neuen Strategie der Bundesregierung festschreiben, dass die Einhaltung der Menschenrechte in China maßgeblich für die künftige Ausgestaltung der deutschen Wirtschaftsbeziehungen sein soll.
Der Entwurf sehe vor, Investitionsgarantien künftig zu deckeln. Investitionsgarantien sollten zudem einer »vertieften Prüfung« unterzogen werden – von Umweltkriterien bis hin zu Sozialstandards »wie die Vermeidung von Zwangsarbeit in Lieferketten«. In dem Strategie-Entwurf wird scharfe Kritik an Peking geübt. Es sei von »massiven Menschenrechtsverletzungen« in der Uigurenprovinz Xinjiang und in Tibet die Rede. Auch die Lage in Hongkong werde problematisiert. Auch Chinas militärische Drohgebärden gegenüber Taiwan werden in dem Papier scharf kritisiert. »Eine Veränderung des Status quo in der Straße von Taiwan darf nur friedlich und im gegenseitigen Einvernehmen erfolgen.«
Scharfe Sanktionen schließt das Papier laut »Spiegel« nicht aus. »Wir sind im EURahmen auch bereit, Importstopps aus Regionen mit besonders massiven Menschenrechtsverletzungen zu unterstützen, wenn Lieferketten frei von Menschenrechtsverletzungen mit anderen Mitteln nicht sichergestellt werden können«, zitiert das Magazin aus dem Entwurf.
Bei der Ratifizierung des bereits ausgehandelten Investitionsabkommens zwischen der EU und China sollten strenge Kriterien angelegt werden: Es solle geprüft werden, »welche Auswirkungen das Abkommen auf die Menschenrechtssituation, insbesondere mit Bezug zu Zwangsarbeit«, haben könnte. Zudem solle geprüft werden, ob »gegenseitige Abhängigkeiten« entstünden.
In einer Reaktion des Außenministeriums in Peking auf die Neupositionierung Deutschlands hieß es am Donnerstag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, die Einstufung Chinas als »Wettbewerber« und »systemischer Rivale« sei ein »Erbe des Denkens aus dem Kalten Krieg«. Die chinesische Regierung lehne auch die »Verunglimpfung Chinas durch die deutsche Seite« mit sogenannten Menschenrechtsfragen sowie »Lügen und Gerüchten« ab. Das Pekinger Außenamt warnte eindringlich vor »künstlichen Handelsbarrieren, neuen Arten des Protektionismus und einer Politisierung normaler wirtschaftlicher Kooperation in Handel und Investitionen und einer Destabilisierung von Lieferketten«.