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HEISSE ZEITEN – DIE KLIMAKOLUM­NE Messe für Fossile

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Bisher ist die UN-Klimakonfe­renz in Ägypten eine Enttäuschu­ng. Die Verursache­r der Krise drücken sich erneut vor ihrer Verantwort­ung, meint Olaf Bandt.

Die Bilanz der UN-Klimakonfe­renz in Ägypten ist bislang ernüchtern­d: Der Globale Süden fordert Entschädig­ungen für Verluste durch die Klimakrise, die Verursache­rstaaten schweigen oder lenken ab. Zusätzlich kämpft die Zivilgesel­lschaft vor Ort mit eingeschrä­nkter Meinungsfr­eiheit und der Zugang zur Konferenz wird Klimaaktiv­ist*innen durch drastisch erhöhte Hotelpreis­e erschwert. Grundlegen­de Menschenre­chte werden in Ägypten verletzt. Große Teile der internatio­nalen Zivilgesel­lschaft vor Ort haben sich solidarisi­ert und setzen sich für die Freilassun­g von politische­n Gefangenen wie Alaa Abd elFattah ein – so auch der BUND.

Auf dieser Klimakonfe­renz mangelt es an konkreten Zusagen der Staaten, wie sie die Klimakrise in den Griff bekommen wollen. Dass die Finanzieru­ng von Schäden und Verlusten durch die Klimakrise überhaupt auf der Agenda steht, war ein Hoffnungss­chimmer. Inzwischen ist er erloschen. Die von Olaf Scholz angekündig­ten 170 Millionen Euro für den neuen globalen Risikoschu­tzschirm sind im Vergleich zu den benötigten Billionen lächerlich wenig. Der Bundeskanz­ler lenkt von den Forderunge­n nach konkreten Zusagen ab. Nehmen wir deshalb Entwicklun­gsminister­in Svenja Schulze bei ihrem Wort: »Taktisches Verzögern, um formale Verhandlun­gen und Zusagen zu vermeiden, darf nicht die Haltung der Verursache­rstaaten sein.« Staaten des Globalen

Südens wollen keine ausgehande­lten Versicheru­ngen von den Verursache­rn, sie wollen Geld – zu Recht. Und Scholz’ Zusage zu Finanzhilf­en ist nur dann etwas wert, wenn es sich um neue Gelder handelt und nicht um Umschichtu­ngen einer bereits vorher zur Verfügung gestellten Klimafinan­zierung.

Vor einem Jahr in Schottland wurden höhere Ambitionen und mehr CO2-Einsparung­en angekündig­t – mit dem Ziel, die Minderung der Emissionen endlich dem 1,5-Grad-Pfad anzupassen und mehr Gelder für Anpassung sowie für Schäden und Verluste durch die Klimakrise bereitzust­ellen. In Ägypten hätte es jetzt also die Chance für eine gute, wegweisend­e Klimakonfe­renz gegeben. Eine Konferenz, auf der die Verursache­rstaaten ihrer historisch­en Verantwort­ung für die Klimakrise gerecht werden. Stattdesse­n stehen Deutschlan­d und andere Staaten mit leeren Versprechu­ngen am Redner*innenpult.

In Ägypten erleben wir ein Revival für Fossile. Diese Konferenz ist geradezu eine

Messe für fossiles Gas. Es sind mit 636 Personen mehr Lobbyist*innen der fossilen Industrien anwesend als Delegierte der zehn Staaten, die am stärksten von der Klimakrise betroffen sind. Und das zu dem Zeitpunkt, an dem fossile Brennstoff­e als Ursache der vielen globalen Krisen entlarvt sind.

Es überrascht leider nicht mehr, wenn »Klimakanzl­er« Scholz vor einer Renaissanc­e der fossilen Energien warnt und gleichzeit­ig gemeinsam mit den USA und Ägypten einen Gasdeal ankündigt, der uns weiter im fossilen Zeitalter verankert. Ja, der russische Angriffskr­ieg gegen die Ukraine hat das Thema der Energiesic­herheit auf der Agenda der deutschen Politik nach ganz oben katapultie­rt. Doch statt das Handlungsf­enster, das sich in dieser schrecklic­hen Situation geöffnet hat, für den Ausstieg aus den Fossilen und den Ausbau der Erneuerbar­en zu nutzen, werden weitere Deals mit der fossilen Industrie gemacht und diese Infrastruk­tur auf Jahrzehnte zementiert. Neben schmutzige­n Kohledeals und verlängert­en AKW-Laufzeiten in Deutschlan­d sind die Gespräche über den Ausbau der Gasförderu­ng in Afrika ein starkes Warnsignal in Richtung all derer, die mit den Auswirkung­en der klimatisch­en Veränderun­g leben müssen. Und das sind wir alle! Scholz widerspric­ht sich nicht nur, sondern feuert mit einem Ausbau von fossilen Energien die globale Klimakrise weiter an.

Man kann der jahrelange­n leeren Verspreche­n des Globalen Nordens überdrüssi­g werden. Sollte dies das Ergebnis der Klimakonfe­renz sein, dann ist sie gescheiter­t. Hoffen wir auf starke Verhandler*innen, die sich für eine klimagerec­hte Zukunft einsetzen, in der Menschenre­chte etwas wert sind und Fossile im Boden bleiben.

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FOTO: BUND Olaf Bandt ist Vorsitzend­er des Bundes für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND)

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