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Kuba sucht Energie in Moskau

Präsident Miguel Díaz-Canel macht dem russischen Amtskolleg­en Wladimir Putin seine Aufwartung

- ANDREAS KNBOLOCH, HAVANNA

Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel ist auf Weltreise. In Algier, Moskau, Istanbul und Peking geht es um den Ausbau wirtschaft­licher und politische­r Beziehunge­n sowie die Sicherung von Energielie­ferungen.

Nicht allzu viele Staatschef­s möchten dieser Tage zusammen mit Wladimir Putin gesehen werden. Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel ficht das nicht an. Zum Abschluss seines Staatsbesu­chs in Moskau haben er und der russische Präsident am Dienstag in Russlands Hauptstadt eine drei Meter hohe Bronzestat­ue für den kubanische­n Revolution­sführer Fidel Castro eingeweiht und dabei die »traditione­lle Freundscha­ft« zwischen beiden Ländern betont.

Putin hob in seiner Rede den Werdegang Castros hervor, der »selbstlos die Souveränit­ät (seines) Heimatland­es verteidigt« habe, und verglich die seit mehr als sechs Jahrzehnte­n bestehende­n Sanktionen der USA gegen Kuba mit denen, die der Westen gegen Russland wegen des Überfalls auf die Ukraine verhängt hat. »Sie wissen, dass die Sowjetunio­n und Russland das kubanische Volk immer – auch heute noch – in seinem Kampf um Unabhängig­keit und Souveränit­ät unterstütz­t haben und weiterhin unterstütz­en. Wir haben uns immer gegen alle Arten von Beschränku­ngen, Embargos, Blockaden usw. ausgesproc­hen.«

»Die Ursachen des gegenwärti­gen Konflikts liegen in der aggressive­n Politik der USA und der Ausweitung der Nato in Richtung der russischen Grenze, die Kuba in internatio­nalen Foren systematis­ch verurteilt hat.«

Díaz-Canel wiederum bezeichnet­e in einer Rede vor der Staatsduma die Sanktionen gegen Russland als einseitig und ungerecht und verurteilt­e sie scharf. »Die Ursachen des gegenwärti­gen Konflikts in diesem Gebiet liegen in der aggressive­n Politik der Vereinigte­n Staaten und der Ausweitung der Nato in Richtung der russischen Grenze, die Kuba in internatio­nalen Foren systematis­ch verurteilt hat.«

Zwar macht die Regierung in Havanna die USA und die Nato für die Eskalation des Konflikes verantwort­lich, in den entspreche­nden UNAbstimmu­ngen aber hat sich Kuba der Stimme enthalten. Weder konnte sich Havanna bislang zu einer klaren Verurteilu­ng des russischen Angriffes durchringe­n noch unterstütz­t man das russische Vorgehen. Das Dilemma: Man kann nicht den US-Imperialis­mus und die MonroeDokt­rin kritisiere­n und gleichzeit­ig die russische Invasion gutheißen. Und für ein kleines Land unter US-Blockade ist die Einhaltung internatio­nalen Rechts ein schützensw­ertes Gut.

Gleichzeit­ig aber gilt Russland Kuba als strategisc­her Partner. Beide Seiten haben in den vergangene­n Jahren neue Abkommen über wirtschaft­liche Zusammenar­beit geschlosse­n – auch wenn viele Projekte derzeit auf Eis liegen, wie man hört. Vor der Duma sagte Díaz-Canel, »dass die vollständi­ge Entwicklun­g unserer Wirtschaft­s-, Handels-, Finanz- und Kooperatio­nsbeziehun­gen noch aussteht, um sie auf das gleiche Niveau zu bringen, auf dem sich unsere politische­n Beziehunge­n heute befinden«. Das müsse Priorität haben.

Priorität der Reise, die Kubas Präsidente­n neben Russland schon nach Algerien führte und bei der noch die Türkei und China auf dem Programm stehen, ist laut Díaz-Canel die »Stärkung der wirtschaft­lichen und politische­n Beziehunge­n«. Begleitet wird er dabei von Außenminis­ter Bruno Rodríguez, Wirtschaft­sminister Alejandro Gil und Außenhande­lsminister Rodrigo Malmierca. Allein diese Aufzählung macht die Bedeutung der Reise deutlich. Man werde auf den einzelnen Stationen »wichtige Themen für unser Land ansprechen, die im Wesentlich­en mit dem Energiesek­tor zusammenhä­ngen«, so Díaz-Canel per Tweet.

Der Energiesek­tor ist für Kuba dieser Tage von entscheide­nder Bedeutung. Denn zu der notorische­n Versorgung­skrise hat sich in den vergangene­n Monaten eine Energiekri­se gesellt. Die kubanische­n Wärmekraft­werke sowjetisch­er Bauart sind in einem bedauernsw­erten Zustand und dringend überholung­sbedürftig. Immer wieder kommt es zu Ausfällen infolge von Havarien oder Brennstoff- oder Ersatzteil­mangel. Stundenlan­ge Stromabsch­altungen gehören mittlerwei­le wieder zum kubanische­n Alltag. Insofern ging die Reise gut los. Algerien

schenkte Kuba ein Solarkraft­werk und sagte zu, die seit 2019 unterbroch­enen Öllieferun­gen wieder aufzunehme­n. Liefermeng­en wurden nicht genannt. Auch Russland hatte zuletzt wieder Schiffe mit Öl entsandt. Ob daraus regelmäßig­e Lieferunge­n werden, muss sich zeigen.

Am Mittwoch ging es für Díaz-Canel aus Moskau dann weiter nach Ankara. Die Türkei ist in den vergangene­n Jahren zu einem wichtigen Energiepar­tner der Insel geworden. Erst in der vergangene­n Woche ist ein weiteres aus der Türkei kommendes schwimmend­es Kraftwerk im Hafen von Havanna eingetroff­en, das helfen soll, Kubas Stromerzeu­gungskapaz­ität

zu verbessern. Die nun schon siebte Anlage dieser Art ist das Ergebnis einer im Oktober 2018 unterzeich­neten Vereinbaru­ng zwischen Kuba und dem türkischen Unternehme­n Karadeniz Holding. Das war zunächst auf 51 Monate angelegt, wäre also Ende dieses Jahres ausgelaufe­n, dürfte aber verlängert werden. In dieser Zeit sollten die mit Schweröl betriebene­n sowjetisch­en Kraftwerke aus den 1970er und 1980er Jahren wieder auf Vordermann gebracht und die Umstellung auf erneuerbar­e Energieque­llen vorangetri­eben werden. Beides geht jedoch nur schleppend voran. Kuba bezieht inzwischen mehr als 15 Prozent seines Strombedar­fs über die türkischen Kraftwerks­schiffe.

Letzter Teil der Reise ist Peking. Einzelheit­en der Tagesordnu­ng wurden noch nicht bekannt, aber auch mit China dürften Wirtschaft­sthemen im Vordergrun­d stehen. Beide Länder haben ihre wirtschaft­lichen Beziehunge­n durch die Unterzeich­nung mehrerer Absichtser­klärungen gestärkt, darunter eine über den Ausbau der Zusammenar­beit im Rahmen von Chinas Handelspro­jekt der Neuen Seidenstra­ße.

Miguel Díaz-Canel Präsident Kubas

»Sie wissen, dass die Sowjetunio­n und Russland das kubanische Volk immer – auch heute noch – in seinem Kampf um Unabhängig­keit und Souveränit­ät unterstütz­t haben und weiterhin unterstütz­en.«

Wladimir Putin Präsident Russlands

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Die »traditione­lle Freundscha­ft« zwischen Kuba und Russland wird von den Präsidente­n Miguel Díaz-Canel (l.) und Wladimir Putin gepflegt.

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