Kuba sucht Energie in Moskau
Präsident Miguel Díaz-Canel macht dem russischen Amtskollegen Wladimir Putin seine Aufwartung
Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel ist auf Weltreise. In Algier, Moskau, Istanbul und Peking geht es um den Ausbau wirtschaftlicher und politischer Beziehungen sowie die Sicherung von Energielieferungen.
Nicht allzu viele Staatschefs möchten dieser Tage zusammen mit Wladimir Putin gesehen werden. Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel ficht das nicht an. Zum Abschluss seines Staatsbesuchs in Moskau haben er und der russische Präsident am Dienstag in Russlands Hauptstadt eine drei Meter hohe Bronzestatue für den kubanischen Revolutionsführer Fidel Castro eingeweiht und dabei die »traditionelle Freundschaft« zwischen beiden Ländern betont.
Putin hob in seiner Rede den Werdegang Castros hervor, der »selbstlos die Souveränität (seines) Heimatlandes verteidigt« habe, und verglich die seit mehr als sechs Jahrzehnten bestehenden Sanktionen der USA gegen Kuba mit denen, die der Westen gegen Russland wegen des Überfalls auf die Ukraine verhängt hat. »Sie wissen, dass die Sowjetunion und Russland das kubanische Volk immer – auch heute noch – in seinem Kampf um Unabhängigkeit und Souveränität unterstützt haben und weiterhin unterstützen. Wir haben uns immer gegen alle Arten von Beschränkungen, Embargos, Blockaden usw. ausgesprochen.«
»Die Ursachen des gegenwärtigen Konflikts liegen in der aggressiven Politik der USA und der Ausweitung der Nato in Richtung der russischen Grenze, die Kuba in internationalen Foren systematisch verurteilt hat.«
Díaz-Canel wiederum bezeichnete in einer Rede vor der Staatsduma die Sanktionen gegen Russland als einseitig und ungerecht und verurteilte sie scharf. »Die Ursachen des gegenwärtigen Konflikts in diesem Gebiet liegen in der aggressiven Politik der Vereinigten Staaten und der Ausweitung der Nato in Richtung der russischen Grenze, die Kuba in internationalen Foren systematisch verurteilt hat.«
Zwar macht die Regierung in Havanna die USA und die Nato für die Eskalation des Konflikes verantwortlich, in den entsprechenden UNAbstimmungen aber hat sich Kuba der Stimme enthalten. Weder konnte sich Havanna bislang zu einer klaren Verurteilung des russischen Angriffes durchringen noch unterstützt man das russische Vorgehen. Das Dilemma: Man kann nicht den US-Imperialismus und die MonroeDoktrin kritisieren und gleichzeitig die russische Invasion gutheißen. Und für ein kleines Land unter US-Blockade ist die Einhaltung internationalen Rechts ein schützenswertes Gut.
Gleichzeitig aber gilt Russland Kuba als strategischer Partner. Beide Seiten haben in den vergangenen Jahren neue Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit geschlossen – auch wenn viele Projekte derzeit auf Eis liegen, wie man hört. Vor der Duma sagte Díaz-Canel, »dass die vollständige Entwicklung unserer Wirtschafts-, Handels-, Finanz- und Kooperationsbeziehungen noch aussteht, um sie auf das gleiche Niveau zu bringen, auf dem sich unsere politischen Beziehungen heute befinden«. Das müsse Priorität haben.
Priorität der Reise, die Kubas Präsidenten neben Russland schon nach Algerien führte und bei der noch die Türkei und China auf dem Programm stehen, ist laut Díaz-Canel die »Stärkung der wirtschaftlichen und politischen Beziehungen«. Begleitet wird er dabei von Außenminister Bruno Rodríguez, Wirtschaftsminister Alejandro Gil und Außenhandelsminister Rodrigo Malmierca. Allein diese Aufzählung macht die Bedeutung der Reise deutlich. Man werde auf den einzelnen Stationen »wichtige Themen für unser Land ansprechen, die im Wesentlichen mit dem Energiesektor zusammenhängen«, so Díaz-Canel per Tweet.
Der Energiesektor ist für Kuba dieser Tage von entscheidender Bedeutung. Denn zu der notorischen Versorgungskrise hat sich in den vergangenen Monaten eine Energiekrise gesellt. Die kubanischen Wärmekraftwerke sowjetischer Bauart sind in einem bedauernswerten Zustand und dringend überholungsbedürftig. Immer wieder kommt es zu Ausfällen infolge von Havarien oder Brennstoff- oder Ersatzteilmangel. Stundenlange Stromabschaltungen gehören mittlerweile wieder zum kubanischen Alltag. Insofern ging die Reise gut los. Algerien
schenkte Kuba ein Solarkraftwerk und sagte zu, die seit 2019 unterbrochenen Öllieferungen wieder aufzunehmen. Liefermengen wurden nicht genannt. Auch Russland hatte zuletzt wieder Schiffe mit Öl entsandt. Ob daraus regelmäßige Lieferungen werden, muss sich zeigen.
Am Mittwoch ging es für Díaz-Canel aus Moskau dann weiter nach Ankara. Die Türkei ist in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Energiepartner der Insel geworden. Erst in der vergangenen Woche ist ein weiteres aus der Türkei kommendes schwimmendes Kraftwerk im Hafen von Havanna eingetroffen, das helfen soll, Kubas Stromerzeugungskapazität
zu verbessern. Die nun schon siebte Anlage dieser Art ist das Ergebnis einer im Oktober 2018 unterzeichneten Vereinbarung zwischen Kuba und dem türkischen Unternehmen Karadeniz Holding. Das war zunächst auf 51 Monate angelegt, wäre also Ende dieses Jahres ausgelaufen, dürfte aber verlängert werden. In dieser Zeit sollten die mit Schweröl betriebenen sowjetischen Kraftwerke aus den 1970er und 1980er Jahren wieder auf Vordermann gebracht und die Umstellung auf erneuerbare Energiequellen vorangetrieben werden. Beides geht jedoch nur schleppend voran. Kuba bezieht inzwischen mehr als 15 Prozent seines Strombedarfs über die türkischen Kraftwerksschiffe.
Letzter Teil der Reise ist Peking. Einzelheiten der Tagesordnung wurden noch nicht bekannt, aber auch mit China dürften Wirtschaftsthemen im Vordergrund stehen. Beide Länder haben ihre wirtschaftlichen Beziehungen durch die Unterzeichnung mehrerer Absichtserklärungen gestärkt, darunter eine über den Ausbau der Zusammenarbeit im Rahmen von Chinas Handelsprojekt der Neuen Seidenstraße.
Miguel Díaz-Canel Präsident Kubas
»Sie wissen, dass die Sowjetunion und Russland das kubanische Volk immer – auch heute noch – in seinem Kampf um Unabhängigkeit und Souveränität unterstützt haben und weiterhin unterstützen.«
Wladimir Putin Präsident Russlands