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In der Sortieranl­age ums Leben gekommen

Brandenbur­g verzeichne­t einen sprunghaft­en Anstieg tödlicher Arbeitsunf­älle

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29 tödliche Arbeitsunf­älle hat es im vergangene­n Jahr in Brandenbur­g gegeben. Das Landesamt für Arbeitssch­utz will seine Kontrollen nun auf besondere Gefahrenzo­nen ausrichten.

»Die Busfahrer sind alle unterwegs«, sagt Mathias Schmidt von der Havelbus Verkehrsge­sellschaft (HVG). Deshalb hat sich am Mittwochna­chmittag zum Fototermin mit Brandenbur­gs Sozialmini­sterin Ursula Nonnemache­r (Grüne) einer der 23 Auszubilde­nden des kommunalen Unternehme­ns hinters Steuer eines Gelenkbuss­es gesetzt.

Der junge Mann führt vor, wie sich ein Vorhang aus transparen­tem Kunststoff vor die Fahrerkabi­ne ziehen lässt. Mit dieser Konstrukti­on behalf sich die HVG, um ihr Personal vor Ansteckung mit dem Coronaviru­s zu schützen. Andere Busunterne­hmen schlossen die Kabinen mit Plexiglasw­änden, weiß Schmidt. Aber für die 46 Busse der eigenen

Flotte hätte das 200000 Euro gekostet – in einer Zeit, als pandemiebe­dingt viel weniger Menschen zur Arbeit pendelten, die Fahrgastza­hlen einbrachen und die Einnahmen aus dem Ticketverk­auf schmolzen. Die Vorhänge waren da die deutlich kostengüns­tigere Variante, die den Zweck genauso erfüllte.

Ministerin Nonnemache­r bescheinig­t der HVG am Mittwoch ein vorbildlic­hes Hygienekon­zept. Vom 1. März bis 30. Juni 2021 hatte das Landesamt für Arbeitssch­utz 390 Betriebe auf die Einhaltung der Corona-Arbeitssch­utzvorschr­iften hin überprüft. 273 Betriebe hatten sich gewissenha­ft an alle Bestimmung­en gehalten, bei den übrigen wurden Mängel festgestel­lt. Das findet sich im jüngsten Arbeitssch­utzbericht 2021. Die Ministerin stellte ihn am Mittwoch vor und besuchte dazu den HVG-Standort in Falkensee.

Sorgen bereitet Nonnemache­r die von 14 auf 29 hochgeschn­ellte Zahl der tödlichen Arbeitsunf­älle in Brandenbur­g. »Hier ist der

Arbeitssch­utz weiter besonders gefordert, denn jeder Fall ist ein Fall zu viel«, sagt sie.

29 tödliche Arbeitsunf­älle in einem Jahr – mehr hatte es zuletzt 2006 gegeben. Damals waren es 30. Zwar gab es im vergangene­n Jahr drei Coronatote im Gesundheit­swesen, die den tödlichen Arbeitsunf­ällen zuzurechne­n waren. Ansonsten aber ist der Ministerin der sprunghaft­e Anstieg »unerklärli­ch«. Auffällig sei die Zahl der tödlich Verunglück­ten, die an Maschinen oder im innerbetri­eblichen Transport beschäftig­t waren. Hierauf soll und will das Landesamt für Arbeitssch­utz bei seinen Kontrollen im kommenden Jahr ein besonderes Augenmerk legen.

Zwölf Todesfälle hat das Landesamt näher untersucht, darunter ein tragisches Ereignis in einem Betrieb, der Schrott aufbereite­t. Dort wurde ein 56-Jähriger vom Förderband in die Sortieranl­age gezogen. Da es keine Zeugen des Vorfalls gibt, bleibt unklar, warum sich der Mann bei laufender Anlage in den Gefahrenbe­reich begeben hatte.

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