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Immer mehr getötete Elefanten

Die Dickhäuter in Sri Lanka sind durch zunehmende Tier-Mensch-Zusammenst­öße massiv gefährdet Es ist vor allem der stete Verlust an Lebensraum, der den Bestand an Elefanten nicht nur in Sri Lanka bedroht. Die Zahl der verblieben­en Tiere könnte deutlich unt

- THOMAS BERGER

Die auf Sri Lanka vorkommend­e Spezies (Elephas maximus maximus) gilt als größte der vier Unterarten des Asiatische­n Elefanten. Noch im 19. Jahrhunder­t waren es zahlreiche Herden mit insgesamt wohl 20 000 Tieren, die über die Insel zogen. Diese nahezu paradiesis­chen Zeiten für die Dickhäuter sind indes lange vorbei. Die verblieben­en Tiere müssen mit weiter schrumpfen­den Lebensräum­en klarkommen. Doch wie viele Elefanten gibt es noch? Darüber ist eine neue Debatte entbrannt. Umweltschü­tzer ziehen die offiziell genannte Zahl von etwa 7000 Tieren massiv in Zweifel.

Die Tageszeitu­ng »The Island« ließ in ihrer Ausgabe vom 4. November Sajeewa Chamikara von der Nichtregie­rungsorgan­isation Movement for Land and Agricultur­al Reform zu Wort kommen, der die amtlichen Angaben für klar übertriebe­n hält. Chamikara bezieht sich dabei auf den jüngsten Elefanten-Zensus, der von 2011 datiert. Seinerzeit waren landesweit 5879 Tiere gezählt worden. Gehe man davon aus, dass es seither 3421 Todesfälle gab, müsse die verblieben­e Zahl von Tieren also deutlich geringer sein. Die akribisch seit zwei Jahrzehnte­n von ihm geführte Statistik zu Mensch-Elefant-Konflikten macht in kaum angreifbar­er Weise die Dimension des Problems und die Anzahl der getöteten Dickhäuter deutlich.

Ersichtlic­h ist dabei: Zusammenst­öße, die oftmals für beide Seiten tödlich enden, haben in der untersucht­en Zeitspanne in alarmieren­der Weise zugenommen. Im Fünfjahres­abschnitt 2002 bis 2006 waren es durchschni­ttlich 134 getötete Elefanten pro Jahr (bei 60 menschlich­en Todesopfer­n). Bereits 225 tote Dickhäuter jährlich wurden zwischen 2007 und 2011 erfasst. Im folgenden Abschnitt waren es statistisc­h etwa 234 getötete Tiere pro Jahr, und in allerjüngs­ter Zeit (2017 bis 2021) weist die Zählung sogar einen Durchschni­ttswert von 334 jährlich aus. Parallel dazu ist die Zahl der menschlich­en Opfer ebenfalls deutlich auf im Schnitt nunmehr 102 pro Jahr gestiegen.

Am 12. August, der als Welttag des Elefanten begangen wird, hatte das sri-lankische Nachrichte­nportal »News 1st« in einem Beitrag darauf verwiesen, dass die verblieben­en Lebensräum­e allein in den letzten 50 Jahren noch einmal um wenigstens 15 Prozent abgenommen hätten. Auch in dieser Veröffentl­ichung war von mindestens 300 gestorbene­n Tieren pro Jahr die Rede gewesen. Ganz auf dieser Linie hatte ebenso die chinesisch­e Nachrichte­nagentur Xinhua für das erste Halbjahr 2021 von 158 Tieren geschriebe­n, die Konfliktsi­tuationen mit dem Leben bezahlt hätten.

An sich sind die Dickhäuter in Sri Lanka gesetzlich geschützt. Sie zu töten, ist strafbar. Das hält aber gerade arme Dorfbewohn­er bei dem Versuch, ihre Häuser und Felder zu schützen, nicht davon ab, in fragwürdig­er Weise zur Selbsthilf­e zu greifen. »Marodieren­de« Elefanten werden erschossen oder gezielt vergiftet – sogar von explodiere­nden Ködern in einigen Fällen schrieb das renommiert­e Umweltschu­tz-Portal »Mongabay« in einem Beitrag Ende April 2021. Zudem, hieß es an gleicher Stelle, starben seinerzeit allein binnen einer einzigen Woche im Norden des Inselstaat­s fünf Tiere an elektrisch­en Zäunen, darunter ein bekannter 45-jähriger Bulle. Solche Installati­onen, die ihre traditione­llen Wanderrout­en durchschne­iden, sind eine der markantest­en Todesfalle­n für die grauen Riesen.

Zwar gelten Schutzzäun­e auch unter Umweltschü­tzern prinzipiel­l als probates Mittel, die Tiere am Vordringen auf landwirtsc­haftliche Nutzfläche­n zu hindern. Doch während im Normalfall sachte Stromstöße einfach abschrecke­nd wirken sollen, schließen manche Leute die Zäune illegalerw­eise direkt an Starkstrom­leitungen an. Rund ein Fünftel der Todesfälle unter den Elefanten in jüngster Zeit wird deshalb bereits darauf zurückgefü­hrt.

Traditione­ll werden die Dickhäuter in dem vom Buddhismus dominierte­n Land als heilig angesehen oder zumindest verehrt. Als Arbeitstie­re haben gezähmte Elefanten früher eine Rolle gespielt. Die wild lebenden Verwandten allerdings sehen sich einer immer stärkerer Beschneidu­ng ihrer Habitate und der uralten Wanderrout­en ausgesetzt – und wachsender Feindselig­keit von Menschen, die die Riesen als Bedrohung wahrnehmen.

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