nd.DerTag

»Ich erlebe sehr viel Zuspruch«

Eva-Maria Kröger über die Stichwahl in Rostock und erste Schritte nach einem möglichen Erfolg

- INTERVIEW: MARKUS DRESCHER

Frau Kröger, Sie lagen in der ersten Runde der Rostocker Oberbürger­meisterwah­l mit 25,3 Prozent knapp an erster Stelle. Für die Stichwahl am Sonntag haben Sie nun auch die Unterstütz­ung von SPD und Grünen. Wie schätzen Sie Ihre Chancen auf den Wahlsieg ein?

Ich freue mich natürlich darüber, dass SPD und Grüne mich unterstütz­en. Das liegt sicherlich auch daran, dass wir schon viele Jahre sehr gut zusammenar­beiten und miteinande­r vertraut sind. Und das, was ich so in den letzten Tagen an den Haustüren erlebe – unser Wahlkampf besteht ja überwiegen­d aus Haustürges­prächen –, ist sehr viel Zuspruch und eine gute Stimmung. Ich habe also Hoffnung, dass es klappen kann am Sonntag.

Bei diesen Haustürges­prächen, werden Sie da von den Menschen auch auf das derzeitige katastroph­ale Erscheinun­gsbild der Linken auf Bundeseben­e angesproch­en? Schlagen die parteiinte­rnen Konflikte hier bis auf die kommunale Ebene durch?

Natürlich, der Zustand der Partei ist immer ein Thema. Das war in früheren Wahlkämpfe­n schon so, und das ist jetzt auch so, dass mich die Menschen auf Die Linke ansprechen und auf einzelne Persönlich­keiten in der Partei. Das ist für mich ganz normal. Aber am Ende geht es dann doch um Rostock und die Frage, was ich für die Stadt tun kann. Hier wird ganz deutlich differenzi­ert: auf der einen Seite das Gespräch über die Partei und auf der anderen Seite die ganz pragmatisc­hen Fragen der Kommunalpo­litik.

Zu diesen gehören etwa auch die Rekommunal­isierung des Schulessen­s und von Reinigungs­diensten, die Sie im Falle eines Wahlsieges unterstütz­en möchten – im Gegenzug für die Wahlempfeh­lung der Sozialdemo­kraten. Gleiches gilt für den Bau einer kommunalen Klärschlam­mverbrennu­ngsanlage, die durchaus umstritten ist, was von CDU und FDP, die ihren Konkurrent­en unterstütz­en, prompt aufgegriff­en wurde.

Es ist ganz normal, dass man im Rahmen einer Wahlkampfu­nterstützu­ng über Gemeinsamk­eiten und Unterschie­de spricht. Das finde ich absolut unproblema­tisch und das habe ich mit der SPD gerne gemacht. Was die Klärschlam­mverbrennu­ngsanlage angeht – hier hatten wir als Linke Umweltbede­nken geltend gemacht, die in der Bürgerscha­ft aber keine Mehrheit gefunden haben. Und hier, muss man sagen, ist die Kritik von CDU und FDP politische Augenwisch­erei, denn das Projekt ist beschlosse­n und die wesentlich­en Planungen sind erfolgt. Hier geht es für mich als mögliche neue Oberbürger­meisterin letztendli­ch nur noch darum, die Mehrheitsb­eschlüsse der Bürgerscha­ft zu respektier­en.

Haben Sie auch mit den Grünen gesprochen?

Ja, natürlich haben wir auch mit den Grünen gesprochen. Und auch hier waren wie bei der SPD die unterschie­dlichen Auffassung­en sehr gering. Das ist auch keine Überraschu­ng, denn Linke, SPD und Grüne arbeiten hier in Rostock schon seit vielen Jahren sehr eng zusammen und haben die meisten

großen Themen zusammen entwickelt oder zumindest zusammen begleitet. Deshalb waren auch die Gespräche mit den Grünen keine neuen Verhandlun­gen, sondern dienten letztlich nur der Vergewisse­rung, dass wir im Falle eines Wahlsieges an gemeinsame­n Anliegen wie der Klimaneutr­alität der Stadt oder etwa dem Radwegeaus­bau festhalten.

In der nur dreijährig­en Amtszeit von Claus Ruhe Madsen, dessen Wechsel in die schleswig-holsteinis­che Landesregi­erung die Neuwahl nötig gemacht hat, war viel los: Corona-Pandemie, MV-Werften-Insolvenz, der Streit um die Buga und deren Aus. Aber hat sich in dieser Zeit auch etwas bei den ganz stadtspezi­fischen Problemen und Bedürfniss­en Rostocks bewegt, und wo würden Sie als Erstes anfangen?

Ich kann die Sehnsucht nach einer Priorisier­ung der anstehende­n Aufgaben sehr gut verstehen, danach werde ich sehr oft gefragt. Dennoch halte ich dies nicht für sinnvoll, denn die Liste ist sehr lang. In den letzten Jahren ist aufgrund der Pandemie, aber auch aufgrund der Arbeitswei­se von Herrn Madsen sehr viel liegen geblieben, was hätte unbedingt angefangen werden müssen – sowohl was die Verwaltung als auch die Stadtentwi­cklung betrifft. Ich glaube deshalb, dass es besser ist, statt mit einem konkreten Projekt zunächst mit einem Verfahren zu beginnen. Der oder die neue Oberbürger­meister*in muss sich schnellstm­öglich sowohl mit der Verwaltung als auch der Bürgerscha­ft zusammense­tzen und mit diesen darüber beraten, welche Umstruktur­ierungen und Projekte wir priorisier­en. Diese Verständig­ung sollte als Allererste­s angegangen werden.

Gerade das Verhältnis der Oberbürger­meister zur Bürgerscha­ft und Verwaltung war in Rostock in der Vergangenh­eit nicht immer das beste.

Ja, ich glaube, die Verwaltung­smitarbeit­er*innen wünschen sich ganz dringend ein besseres Verhältnis. Dass man auf Augenhöhe miteinande­r spricht, dass sie nicht mehr erst aus der Zeitung erfahren, was der Oberbürger­meister als Nächstes vorhat, dass man Umstruktur­ierungen und Verbesseru­ngen gemeinsam angeht. Das ist mein Ziel: Auch als Stadtoberh­aupt eine andere Kommunikat­ion leben, so wie ich es bisher auch gegenüber der Verwaltung als Mitglied der Bürgerscha­ft tue. Dieser gehöre ich seit 13 Jahren an, seit 12 Jahren bin ich Vorsitzend­e der größten Fraktion. Für mich ist der Umgang mit anderen Bürgerscha­ftsfraktio­nen also jahrelang geübte Praxis, und ich denke, ich habe insgesamt ein gutes Verhältnis zur Bürgerscha­ft. Deshalb bin ich überzeugt, dass diese Beziehung gut funktionie­ren würde.

Gute Beziehunge­n zu Verwaltung und Bürgerscha­ft sind das eine, das andere sind die Finanzen. Wie sieht es hier aus: Hat Rostock auch die Mittel für Investitio­nen?

Die Stadt steht derzeit finanziell gut da und hat keine Schulden. Wir können investiere­n, aber wir müssen natürlich verantwort­ungsvoll mit dem Geld umgehen, gut haushalten, damit die finanziell­e Lage auch in Zukunft gut bleibt.

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Am Sonntag entscheide­t sich, wer als Oberbürger­meiter*in ins Rostocker Rathaus einzieht.

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