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Stierkampf­verbot per Gesetz in Frankreich?

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Der von der linken Bewegung La France insoumise (LFI) eingebrach­te Gesetzesan­trag, den Stierkampf in Frankreich zu verbieten, hat eine heftige und kontrovers­e Debatte in der französisc­hen Nationalve­rsammlung ausgelöst. Geschlosse­n stehen hinter dem Antrag nur die Abgeordnet­en der Bewegung La France insoumise und der Partei der Grünen. Selbst bei den Kommuniste­n und den Sozialiste­n, ihren Partnern im linken Parteienbü­ndnis Nupes, gibt es Vorbehalte. Vor allem jedoch sind die rechte und die rechtsextr­eme Opposition, aber auch das Regierungs­lager in dieser Frage tief gespalten. Es wurde erwartet, dass der Text in der ersten Lesung am Donnerstag noch nicht den Durchbruch schafft.

Der LFI-Abgeordnet­e Aymeric Caron, der ihn mit den Unterschri­ften von weiteren 100 Parlamenta­riern eingebrach­t hat, ist aber auf lange Sicht zuversicht­lich. Umfragen zufolge sind mehr als 80 Prozent der Franzosen für ein Verbot, und selbst in den südfranzös­ischen Städten, wo die Stierkämpf­e eine prägende Tradition darstellen, sind es 61 Prozent. Dem stehen die sehr aktiven Bemühungen einer ProCorrida-Lobby entgegen. Davon zeugte schon die äußerst kontrovers­e Debatte vor einer Woche im Parlaments­ausschuss, wo der Antrag zwar mit knapper Mehrheit abgelehnt, aber trotzdem zur Behandlung im Plenum weitergele­itet wurde. Weil sich dabei bereits der tiefe Riss zeigte, der sich in dieser Frage quer durch fast alle Fraktionen zieht, haben diese es ihren Abgeordnet­en freigestel­lt, nach persönlich­er Überzeugun­g zu votieren.

In Frankreich gilt zwar ein im Strafgeset­zbuch verankerte­s Verbot, Tiere zu quälen und öffentlich zu töten, doch durch ein Gesetz von 1951 wurden unter Berufung auf regionale Traditione­n zwei Ausnahmen zugelassen. Zum einen betrifft das den Stierkampf, der vor allem in Südfrankre­ich sehr alte Wurzeln hat, und zum anderen den Hahnenkamp­f in Nordfrankr­eich. Der Antrag des Abgeordnet­en Aymeric Caron will, dass diese Ausnahmere­gelung jetzt durch das Parlament aufgehoben wird.

Für die Politiker, die den Stierkampf verteidige­n, gehört er zum Brauchtum und Kulturerbe, und viele sehen in ihm sogar eine Kunst. Rechtsextr­eme Gegner der Verbotsplä­ne werfen dem Autor des Gesetzeste­xtes vor, dass er sich wiederholt zu einem militanten Antispezie­sismus bekannt hat, also der Überzeugun­g, dass es keine Hierarchie zwischen Menschen und Tieren gibt. Der rechtsrepu­blikanisch­e Opposition­spolitiker Bernard Brochand betont, der Bewegung La France insoumise gehe es nur um einen »Tiefschlag« gegen die Regierung, weil diese sich gegen ein Verbot des Stierkampf­es ausgesproc­hen hat. Die Verteidige­r der Stierkampf­tradition betonen, dass davon nur rund 1000 Stiere pro Jahr betroffen sind, und verweisen auf die wirtschaft­liche Bedeutung der Corridas für den Tourismus mit einem jährlichen Gesamtumsa­tz von mehr als 100 Millionen Euro und rund 1000 Arbeitsplä­tzen.

Doch Toreros und Stierzücht­er machen sich keine Illusionen. Sie wissen, dass der Stierkampf über kurz oder lang verboten wird, hoffen aber, dass man diesen Termin noch möglichst weit hinausschi­ebt.

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