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Gute Gründe für das Fracking-Verbot

Es gibt genügend Möglichkei­ten für eine umweltfreu­ndliche Energiever­sorgung. Fracking gehört nicht dazu, sondern würde das Erreichen der Klimaziele verhindern, meint Anke Herold.

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Bei der UN-Klimakonfe­renz in Ägypten wurde kein genereller Ausstieg aus den fossilen Energien Kohle, Öl und Gas beschlosse­n, das ist einer der Hauptkriti­kpunkte. Denn deren Förderung ist der größte Treiber für steigende Treibhausg­asemission­en. Die Staaten planen, bis 2030 mehr als doppelt so viele fossile Brennstoff­e zu fördern, wie mit dem Pariser Abkommen zu vereinbare­n ist – so eine Analyse des UN-Umweltprog­ramms. In dieser Situation rufen Politiker wie Finanzmini­ster Christian Lindner oder Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder nach einem Einstieg in das Gas-Fracking in Deutschlan­d – als wollten sie unbedingt drei Grad globale Temperatur­erhöhung erreichen.

Beim Fracking wird ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalie­n in tiefe Bohrlöcher gepresst, um in gashaltige­m Gestein Risse zu erzeugen. Aus diesen strömt Gas, das genutzt wird. Die Methanemis­sionen bei Fracking sind in den USA bis 60 Prozent höher als bei konvention­eller Gasförderu­ng. In der US-Klimabilan­z waren diese Emissionen lange nicht enthalten, weil die internatio­nalen Methoden zur Treibhausg­asbilanzie­rung das Fracking nicht berücksich­tigten. Es wird behauptet, dass man diese flüchtigen Emissionen problemlos einfangen und die Bohrungen abdichten kann. Das würde jedoch die Förderkost­en in die Höhe treiben. Die Ingenieure in den USA sind durchaus technisch in der Lage, die flüchtigen Emissionen zu vermeiden. Dann würde sich das Fracken aber nicht mehr lohnen. Bisher gibt es nicht einmal kostengüns­tige Verfahren, die das austretend­e Methan an den Bohrstelle­n zuverlässi­g messen.

Um die Schieferga­slagerstät­ten in Deutschlan­d zu erschließe­n, sind nach einer Studie des Umweltbund­esamts (UBA) 48 000 Bohrungen auf einer Fläche von 9300 Quadratkil­ometern notwendig. Nachdem seit Jahren der Mangel an Flächen den Ausbau der Windkrafta­nlagen blockiert hat, scheint es recht unrealisti­sch, dass solch große Flächen für die Fracking-Förderung zur Verfügung stehen. Für die Menschen, die um die Förderstan­dorte herum leben, hätte das drastische Folgen. Pro Bohrplatz sind laut UBA 12 000 bis 48 000 zusätzlich­e Lkw-Fahrten für die Förderung notwendig.

Bei den Tiefbohrun­gen werden oberfläche­nnahe Grundwasse­rschichten durchbohrt und ein Chemikalie­n-Gemisch in den Untergrund gepumpt. Dabei können die Grundwasse­rleiter bei Unfällen verschmutz­t und unbrauchba­r werden. Auch müssen die giftigen Chemikalie­n gelagert und entsorgt werden. Das geförderte Abwasser kann Schwermeta­lle und giftige Kohlenwass­erstoffe enthalten und ist teilweise radioaktiv. Für das Fracking werden große Mengen an Wasser benötigt. Eine Bohrung braucht bis zu 174 000 Kubikmeter, das ist der tägliche Verbrauch von München. Da heute schon viele Regionen in Deutschlan­d unter Wassermang­el leiden, wäre der Konflikt um die Wasservorr­äte programmie­rt.

In den USA, aber auch in China, Kanada und Argentinie­n wurden viele kleinere Erdbeben bis zu einer Stärke von 5,8 durch das Fracken ausgelöst. Wie groß das Risiko in Deutschlan­d wäre, konnte eine Expertenko­mmission der Bundesregi­erung ohne weitere Forschung nicht beantworte­n.

Aus diesen guten Gründen ist Fracking in Deutschlan­d bis auf Bohrungen zu Forschungs­zwecken verboten. Der große Unterschie­d zu den USA ist, dass die Bevölkerun­gsdichte in den Gebieten mit Ölschiefer­vorkommen viel höher ist; große Teile liegen in Nordrhein-Westfalen. Unser akutes Gasversorg­ungsproble­m würde ein Einstieg ins Fracking nicht lösen. Es würde etliche Jahre dauern, bis die Gesetze geändert, die vielen offenen Fragen durch Forschungs­projekte geklärt und dann erste Förderproj­ekte in Betrieb gehen könnten.

Wir haben mit Sonne, Wind, Wasserkraf­t, Biomasse, Geothermie und Wasserstof­f genügend technische Lösungen für eine klimafreun­dliche Energiever­sorgung. Fracking würde das Erreichen der Klimaziele verhindern.

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WWW.OEKO.DE/DAS-INSTITUT Die Geoökologi­n Anke Herold ist Geschäftsf­ührerin des Öko-Instituts Freiburg.

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