Später Triumph
Anwar Ibrahim ist Malaysias neuer Regierungschef
Für den Mann, der am Donnerstag als 10. Premierminister Malaysias vereidigt wurde, ist es ein später Triumph. Bereits zweimal in den letzten 25 Jahren stand er kurz davor, ins höchste politische Amt aufzurücken. Bevor es zum Bruch zwischen beiden kam und der damalige Regierungschef Mahathir Mohamad ihn 1998 feuerte, galt Anwar Ibrahim als dessen Kronprinz. Und nach dem historischen Wahlerfolg der breiten Oppositionsfront 2018 war fest abgesprochen, dass Anwar den Staffelstab später in der Legislaturperiode übernehmen sollte. Dazu kam es durch den Regierungssturz 2020 nicht mehr. Bei der Wahl am 19. November erhielt Anwars Bündnis Pakatan Harapan (PH) nun die meisten Mandate. König Sultan Abdullah beendete mit der Entscheidung, den Auftrag zur Regierungsbildung an ihn zu vergeben, eine fünftägige Hängepartie nach dem Wahlausgang ohne klare Mehrheitsverhältnisse.
Anwar kam 1947 in Bukit Mertajam auf dem festländischen Teil gegenüber der besonders multikulturellen Insel Penang zur Welt. Er engagierte sich in einer islamischen Studentenbewegung, trat später der 60 Jahre regierenden UMNO-Partei bei. Vor einigen Jahren wurde er zum wichtigsten Gesicht jener Bewegung, die gegen politische Erstarrung und Korruption aufbegehrte.
Selbst wenn es Anwar schafft, neben den 82 Sitzen seiner PH weitere mindestens 40 Abgeordnete an sein Spektrum zu binden, wird es zukünftig viel Gegenwind erzkonservativer Kräfte geben. Der 75-Jährige, der in seiner Karriere ein steiles Auf und Ab erlebt hat, mehrere Jahre unter fragwürdigen Korruptions- und »Sodomie«-Anklagen im Gefängnis saß, steht vor der schwierigen Aufgabe, eine Koalition zu bilden, die vor allem eine Lösung der wirtschaftlichen Probleme in Angriff nimmt und so zusammenarbeitet, dass sie die volle Zeit Bestand hat. Das wird in der aktuellen politischen Gemengelage des südostasiatischen Landes nicht einfach.