nd.DerTag

Senat blockiert Kommission

Deutsche Wohnen & Co enteignen kritisiert, dass der Expertenko­mmission keine Grundbuchd­aten für ihre Untersuchu­ngen bereitgest­ellt werden.

- YANNIC WALTHER

Die Berliner Bestände von Unternehme­n mit mehr als 3000 Wohnungen sollen vergesells­chaftet werden. Dafür haben im vergangene­n September mehr als eine Millionen Berliner gestimmt. Bei einigen Schwergewi­chten wie nicht zuletzt Vonovia weiß man, dass sie Enteignung­skandidate­n sind. Gleichzeit­ig ist davon auszugehen, dass es durchaus Unternehme­n mit einem vergesells­chaftungsr­eifen Wohnungsbe­stand gibt, die bisher unbekannt sind. Um diese zu ermitteln, braucht es den Blick ins Grundbuch.

Die Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen kritisiert nun, dass der Senat die Grundbuchd­aten der Expertenko­mmission, die über die Vergesells­chaftung beraten soll, nicht zur Verfügung stellt. »Diese Daten nicht rauszurück­en und die Arbeit der eigenen Kommission so zu sabotieren, ist an Dreistigke­it nicht zu überbieten«, sagt Achim Lindemann, Sprecher der Initiative. »Ohne die erforderli­che Datengrund­lage kann die Kommission ihrem im Koalitions­vertrag vereinbart­en Auftrag de facto nicht nachkommen.«

Bereits bei der öffentlich­en Anhörung im Juni appelliert­e Christoph Trautvette­r an die Kommission, schnellstm­öglich einen Untersuchu­ngsauftrag zu erteilen, um erst einmal herauszufi­nden, wer überhaupt mehr als 3000 Wohnungen besitzt. Trautvette­r hat als externer Projektlei­ter für die linksparte­inahe Rosa-LuxemburgS­tiftung die Eigentümer­strukturen auf dem Wohnungsma­rkt erforscht. Seit Mitte des Jahres arbeite die Kommission nun daran, Informatio­nen über die großen Eigentümer der Stadt systematis­ch auszuwerte­n. Der Senat habe aber die Herausgabe der erforderli­chen Daten und damit die wissenscha­ftliche Arbeit der Kommission blockiert, sagt Trautvette­r.

Als Kompromiss sei lediglich angeboten worden, die Daten zu den bereits bekannten Unternehme­n zur Verfügung zu stellen. Der Senat begründe das mit »datenschut­zrechtlich­en Bedenken«. »Die Argumente gegen die Bereitstel­lung der Daten überzeugen nicht«, sagt Trautvette­r. Er verweist darauf, dass in mehreren anderen Bundesländ­ern mit gleicher oder ähnlicher Rechtsgrun­dlage solche Informatio­nen für wissenscha­ftliche Auswertung­en zur Verfügung gestellt würden.

In seiner amtlichen Kostenschä­tzung ging der Senat 2019 davon aus, dass zehn Unternehme­n jeweils über 3000 Wohnungen besitzen. Insgesamt bezifferte er die gemeinsame­n Bestände auf etwas mehr als 240000 Wohnungen. Das sei nur ein »Mindestumf­ang«, hieß es. Die »Identifizi­erung weiterer Unternehme­n« sei nur »aufgrund gesetzlich begründete­r Grundbuch- und Registerau­swertungen möglich«.

Indes fordert auch der Berliner Mietervere­in den Senat dazu auf, die Arbeit der Kommission zu unterstütz­en. »Wir sind gern bereit, bei juristisch­en Bedenken zu einer Lösungssuc­he beizutrage­n«, bietet Geschäftsf­ührerin Ulrike Hamann an.

Newspapers in German

Newspapers from Germany