Kombinierte Sorgen
Der Nordischen Kombination drohen krasse Einschnitte – bis hin zum Olympia-Aus
Wenn am Freitag die Nordischen Kombinierer um Eric Frenzel in den Weltcup starten, ist die Stimmung gedrückt.
Der König der Kombination ist in Sorge. Nicht nur um seine möglichen Thronfolger, sondern gar um sein ganzes sportliches Reich: Wenn Eric Frenzel am Freitag im finnischen Ruka in seine 16. und womöglich letzte Weltcup-Saison startet, dann springen und laufen bei ihm und seinen Kollegen dunkle Schatten mit. Ungewisse olympische Zukunft, kein Interesse in weiten Weltteilen: Einer Traditions-Sportart droht der Sturz in die Bedeutungslosigkeit.
»Das alles ist sehr ernüchternd«, sagt Frenzel, seit Montag 34 Jahre alt: »Wir führen Diskussionen, bei denen den Athleten nicht wirklich klar ist, worüber überhaupt diskutiert wird. Das wirkt alles sehr willkürlich.« Worum es in letzter Konsequenz geht: Die
Nordische Kombination, seit den ersten Winterspielen 1924 im Programm, könnte schon für 2030 ihren Olympia-Status verlieren – und damit auf das Level von OrchideenDisziplinen wie Telemark- oder Speed-Ski abrutschen.
Schon bei den Spielen 2026 von Mailand wird die Traditionssparte verkleinert: Stand jetzt sind nur 36 statt bislang 55 Quotenplätze und damit maximal zwei pro Nation vorgesehen, der Teamwettbewerb würde wegfallen. Die Kombiniererinnen sind gar nicht erst dabei, ihre Bemühungen um Aufnahme ins Programm blieben vergeblich.
Drei Länder dominieren
»Das belastet mich wirklich«, sagt Hermann Weinbuch, seit 1996 Bundestrainer. Von seinen neun Top-Athleten des Leistungskaders 1a wie Frenzel, Johannes Rydzek oder Vinzenz Geiger darf er sieben für den Weltcup nominieren. »Wenn ich künftig nur noch zwei zu Olympia mitnehmen kann, wird bei vielen die Motivation schwierig, verlieren wir die Breite«, sagt Weinbuch: »Wir sind der Willkür des IOC ausgeliefert«
Dass das Internationale Olympische Komitee einen harten »NoKo«-Kurs» fährt, hat mehrere Gründe. Die Dominanz der Top-Nationen ist zu groß, 2021/22 kamen 16 Athleten der besten 20 im Weltcup aus Deutschland, Österreich oder Norwegen. Zudem ist die Kombination auf dem wichtigen nordamerikanischen Markt nahezu bedeutungslos. Und schließlich ist es noch nicht gelungen, eine ausreichende Zahl an Frauen auf ein ausreichendes Niveau zu heben – das IOC pocht auf Geschlechter-Proporz.
»Das werden heftige Einschnitte für uns«, sagt Olympiasieger Geiger. Den 25-jährigen Oberstdorfer betreffen die düsteren Zukunftsaussichten deutlich mehr als Senior Frenzel.
Noch finsterer sind die Aussichten für die Kombiniererinnen, die mindestens sieben weitere Jahre auf eine Olympiachance warten müssen – wenn sie denn jemals kommt. »Das ist ein Schlag ins Gesicht«, sagte DSVAthletin Svenja Würth in der ARD.
Neue Formate sollen helfen
Was tun? Die Top-Nationen haben sich darauf verständigt, »schwachen« Ländern Knowhow-Hilfe zu leisten, zudem sollen – behutsam angepasste – Neu-Formate im Weltcup eingeführt werden. Die Traditions-Sportart komplett zu verschlimmbessern, wie es dem Modernen Fünfkampf droht, soll jedoch vermieden werden.
»Wir sollten nicht den Hebel an der Sportart selbst ansetzen«, sagt Frenzel: »Wir sollten aber Weltcups in Ländern wie Polen haben oder in Übersee. Damit die sehen, welche coolen Wettkämpfe wir liefern.«