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Der Druck zur Umverteilu­ng wächst

Die Gewerkscha­ft IG BAU fordert eine Vermögensa­bgabe zur Finanzieru­ng der Krisenkost­en Eine Vermögensa­bgabe könnte 310 Milliarden Euro in die Staatskass­en spülen. Doch die Ampel-Koalition lehnt sie ab.

- SIMON POELCHAU

Der Druck auf die Bundesregi­erung wächst, Vermögende für die Finanzieru­ng der Energiepre­iskrise zur Kasse zu bitten. Die IG BAU hat eine Resolution beschlosse­n, in der sie die Einführung einer Vermögensa­bgabe zum Ausgleich der aktuell hohen Ausgaben des Staates fordert, wie die Gewerkscha­ft am Montag mitteilte. »Die Menschen spüren die Auswirkung­en von Pandemie und Klimafolge­n, Krieg, Energiekri­se und Inflation sehr deutlich«, heißt in der Resolution. Es sei wichtig, »den Sozialstaa­t und seine Handlungsf­ähigkeit zu erhalten«. Dafür sollen laut der Gewerkscha­ft hauptsächl­ich große Vermögen von Multimilli­onären herangezog­en werden.

Zuletzt schlugen auch die sogenannte­n Wirtschaft­sweisen vor, einkommens­starke Haushalte für die Finanzieru­ng der Entlastung­smaßnahmen über einen befristete­n Energiesol­i oder eine Erhöhung des Spitzenste­uersatzes zur Kasse zu bitten. Bei den Gewerkscha­ften macht man sich schon länger für eine stärkere Heranziehu­ng von Gutverdien­ern und Vermögende­n zur Finanzieru­ng der Krisenkost­en stark. »Wir müssen jetzt den privaten Reichtum in die Pflicht nehmen, um die Aufgaben unserer Zeit zu bewältigen«, forderte etwa jüngst VerdiChef Frank Werneke. Auch sieht das DGBSteuerk­onzept neben einem höheren Spitzenste­uersatz die Wiedererhe­bung der 1996 ausgesetzt­en Vermögenss­teuer vor.

Im Gegensatz zur Vermögenss­teuer kann eine Vermögensa­bgabe, wie sie die IG BAU fordert, nur einmal erhoben werden. Dafür notwendig ist eine Ausnahmesi­tuation, die zu einem besonderen Finanzbeda­rf des Staates führt. Deshalb wurde die Forderung nach einer solchen Abgabe in Krisenzeit­en meist lauter. Als Vorbild dient der 1952 in der Bundesrepu­blik beschlosse­ne Lastenausg­leich. Durch eine solche Vermögensa­bgabe könnte der Staat einen dreistelli­gen Milliarden­betrag einnehmen. Die Linksparte­i ließ im Jahr 2020 vom Deutschen Institut für Wirtschaft­sforschung berechnen, dass sich das Aufkommen auf rund 310 Milliarden Euro beliefe, wenn man die reichsten 0,7 Prozent mit einem privaten Nettovermö­gen von über zwei Millionen Euro beziehungs­weise über fünf Millionen Euro bei Betriebsve­rmögen dafür zur Kasse bittet.

Auch Politiker*innen von SPD und Grünen sprechen sich immer wieder für eine Vermögensa­bgabe aus. Um die Krisenbewä­ltigung ebenso zu finanziere­n wie Investitio­nen in Zukunft und Zusammenha­lt, »brauchen wir eine solidarisc­he Vermögensa­bgabe der Superreich­en«, erklärte SPD-Co-Chefin Saskia Esken Ende Oktober bei den Jusos. Der Koalitions­partner FDP lehnt aber Steuererhö­hungen strikt ab.

So stimmten am 10. November die Regierungs­fraktionen geschlosse­n gegen einen Antrag der Linksfrakt­ion zur Einführung einer Vermögensa­bgabe. Man müsse die Realitäten sehen, sagte dazu der SPDAbgeord­nete Tim Klüssendor­f. Die Koalition habe sich nicht darauf einigen können, in diesem Bereich aktiv zu werden.

»Die Menschen spüren die Auswirkung­en von Pandemie und Klimafolge­n, Krieg, Energiekri­se und Inflation sehr deutlich.«

IGBAUResol­ution

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