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Mit Bodenständ­igkeit ins Rathaus

Linke-Politikeri­n gewinnt Stichwahl in Rostock und wird erste Oberbürger­meisterin der Hansestadt

- JANA FRIELINGHA­US

Vor zwei Wochen war Eva-Maria Kröger Favoritin für die Spitze der Stadtverwa­ltung geworden. Danach hatten SPD und Grüne in Rostock zu ihrer Wahl aufgerufen. Das dürfte nicht unwesentli­ch zu ihrem klaren Sieg beigetrage­n haben.

Nach fünf Monaten ist das Ende der Vakanz im Rostocker Oberbürger­meisteramt in Sicht: Die Linke-Politikeri­n Eva-Maria Kröger konnte die Stichwahl darum am Sonntag klar für sich entscheide­n. Bereits im ersten Durchgang am 13. November hatte sie zu den aussichtsr­eichsten Kandidat*innen gehört. Sie konnte sich aber noch nicht klar gegen ihren Hauptkonku­rrenten durchsetze­n. Der von CDU und der Wählervere­inigung »Unabhängig für Rostock« (UFR), die im Stadtparla­ment eine Fraktion bilden, sowie von der FDP unterstütz­te Michael Ebert (parteilos) war knapp hinter ihr auf Platz zwei gelandet.

Bei der Stichwahl erhielt Kröger, die seit langem in der Bürgerscha­ft Kommunalpo­litik betreibt, am Sonntag 58,35 Prozent der Stimmen und hatte damit einen Vorsprung von fast 17 Prozentpun­kten vor Ebert. Er kam auf 41,65 Prozent. Vor zwei Wochen hatte die 40-Jährige bereits alle 16 Mitbewerbe­r*innen hinter sich gelassen und war auf 25,3 Prozent der Stimmen gekommen, Ebert auf 23,6 Prozent. Anschließe­nd riefen SPD und Grüne

dazu auf, in der Stichwahl für Kröger zu stimmen. Das dürfte wesentlich zu ihrem Erfolg beigetrage­n haben.

Kröger sagte am Sonntagabe­nd im Rathaus, sie rechne damit, dass sie im Januar die Arbeit aufnehmen könne. Darauf freue sie sich, die Liste der Aufgaben sei lang. Sie sei sehr dankbar für das Wahlergebn­is. Ihr Landtagsma­ndat werde sie abgeben, kündigte Kröger an. Sie ist bereits seit 2016 Mitglied der Linksfrakt­ion im Schweriner Schloss. Als deren Sprecherin für Kultur, Medien, Wohnen und Bauen, Digitalisi­erung, Petitionen und queerpolit­ische Themen deckt sie dort ein inhaltlich denkbar breites Spektrum ab. Darüber hinaus ist die Politikeri­n Chefin der Linksfrakt­ion im Rostocker Stadtparla­ment, dem sie bereits seit 2009 angehört.

Kröger hat angekündig­t, sie wolle eng mit der Bürgerscha­ft zusammenar­beiten. Aus den Reihen der Abgeordnet­en war in der Vergangenh­eit oft Kritik an OB Ruhe Madsen gekommen, der viele Entscheidu­ngen nicht vorher mit den Abgeordnet­en besprochen hatte. Die Linke stellt in dem Parlament die größte Fraktion. Es zählt 53 Abgeordnet­e und fünf Fraktionen. Neben der Linken sind das CDU/UFR, Grüne, SPD und der Rostocker Bund.

Michael Ebert, der früher Polizeiche­f der Hansestadt war, erkannte seine Niederlage an. Er gratuliere Kröger und wünschte ihr für die kommenden Jahre »Ausdauer, Durchsetzu­ngskraft

und Erfolg bei der Umsetzung ihrer Pläne im Sinne der Hansestadt und deren Einwohner«, erklärte der 52-Jährige.

Das Oberbürger­meisteramt wird in Rostock für sieben Jahre vergeben. Krögers Vorgänger Klaus Ruhe Madsen hatte es jedoch nur knapp drei Jahre inne. Der aus Dänemark stammende parteilose Unternehme­r war im Juni dem Ruf aus Kiel gefolgt und ist seither Wirtschaft­sminister von Schleswig-Holstein.

Kovorsitze­nder der Partei Die Linke

Rostock ist mit knapp 210000 Einwohnern und 172 000 Wahlberech­tigten die größte Stadt Mecklenbur­g-Vorpommern­s. Kröger ist die erste gewählte Rathausche­fin. Vor ihr hatten 231 Männer das Amt inne. Nur die PDS-Politikeri­n Ida Schillen hatte nach dem Rücktritt des damaligen Oberbürger­meisters 2004/2005 für sechs Wochen die Geschäfte geführt. Bei der Wahl 2005 landete sie aber nur auf Platz drei.

Die Wahlbeteil­igung lag am Sonntag indes bei nur 36,9 Prozent. Im ersten Durchgang hatte sie noch bei 43,7 Prozent gelegen. Bei der letzten OB-Wahl 2019 hatten sich im ersten Wahlgang noch 59 Prozent und an der Stichwahl 44,1 Prozent beteiligt.

Ministerpr­äsidentin Manuela Schwesig sowie Innen- und Kommunalmi­nister Christian Pegel (beide SPD) gratuliert­en Kröger. Sie freue sich sehr auf die Fortsetzun­g der guten Zusammenar­beit, schrieb Schwesig in der Nacht zum Montag auf Twitter. In Schwerin regiert seit 2021 eine rot-rote Landesregi­erung.

Glückwünsc­he kamen auch von der Landtagsfr­aktion der Linken. »Durch ihr jahrelange­s glaubhafte­s engagierte­s Wirken in der Hansestadt und auf Landeseben­e hat sie sich bei den Bürgerinne­n und Bürgern großes Vertrauen erworben, das sich in dem deutlichen Ergebnis niedergesc­hlagen hat«, betonte Fraktionsc­hefin Jeannine Rösler. Sie kündigte zugleich an, dass als Nachrücker für Kröger voraussich­tlich Dirk Bruhn in den Landtag einziehen wird, den sie als »ausgewiese­nen Fachmann in Sachen Landwirtsc­haft« bezeichnet­e.

Auch der Linke-Kovorsitze­nde Martin Schirdewan gratuliert­e und zeigte sich begeistert über das »deutliche Ergebnis«. »Die Linke hat noch Feuer, Die Linke gewinnt Wahlen«, sagte er am Montag in Berlin. Als Gründe für Krögers Erfolg sieht er, dass sie »authentisc­h« sei und einen »Plan für eine Verkehrswe­nde, soziales Wohnen und eine solidarisc­he Stadt« habe.

»Die Linke hat noch Feuer, Die Linke gewinnt Wahlen.«

Martin Schirdewan

 ?? ?? Kleiner Lichtblick für die Linksparte­i in ihrer größten Krise: Ihre Kandidatin konnte sich bei der OB-Wahl in Rostock durchsetze­n.
Kleiner Lichtblick für die Linksparte­i in ihrer größten Krise: Ihre Kandidatin konnte sich bei der OB-Wahl in Rostock durchsetze­n.

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