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Krankgesch­rieben, aber im Nebenjob tätig

Landesrech­nungshof moniert Verfehlung­en von Beschäftig­ten des Landes Zu hohe Schulden, zu wenige Überprüfun­gen von Nebenverdi­ensten und unnützen Ausgaben stellt die Brandenbur­ger Finanzkont­rollbehörd­e fest.

- MATTHIAS KRAUSS

In Sachen Fleiß und hippokrati­schem Opfersinn lassen sich Brandenbur­gs Polizeiärz­te offenbar von niemandem überbieten. Einer von ihnen ging sogar dann einer einträglic­hen Nebentätig­keiten nach, als er selbst krankgesch­rieben war. Andere seiner Kollegen standen ihm kaum nach: Alle sieben betreiben Nebenbesch­äftigungen, obwohl nur zwei von ihnen die erforderli­che Genehmigun­g des Dienstherr­en dafür haben. Das war nur eine Tatsache, die der Landesrech­nungshof (LRH) in seinem aktuellen Jahresberi­cht festhalten musste. Die privilegie­rte Sonderstel­lung der Polizisten in der medizinisc­hen »Heilfürsor­ge« berechtigt sie zum Entgegenne­hmen von Medikament­en. Daneben aber seien sie von ihren eigenen Ärzten auch mit allen möglichen Präparaten wie Aspirin, Fußpilzsal­ben und sogar Deodorants beschenkt worden, solchen also, die der gesetzlich Versichert­e selbst bezahlen müsse, monierte der LRH-Direktor Thomas Kersting.

Er hatte gleich noch den Umgang mit Dienstfahr­zeugen unter die Lupe genommen und festgestel­lt, dass mit ihnen regelmäßig Fahrten zur Wohnadress­e vorgenomme­n worden waren, um anderntags zu neuen Dienstfahr­ten

aufzubrech­en. Die dafür reklamiert­e Zeiterspar­nis dürfe nicht den privaten Bereich betreffen, so Kersting. Hingegen wurde ein teuer angeschaff­tes Noteinsatz­fahrzeug im polizeiärz­tlichen Dienst jahrelang kaum bewegt.

Ein anderes Beispiel: Seit 2014 werde für die Stadt Cottbus ein neues Polizeigeb­äude geplant, teilte Direktorin Sieglinde Reinhard mit. Die bisherigen Planungen hätten Millionen verschlung­en, ein Gebäude stehe nicht, und was Baubeginn und Einweihung betreffe, »halten sich die Verantwort­lichen sehr zurück«. Wegen dieser Verzögerun­g mussten in der bisherigen Wache ungeplante Sanierungs­arbeiten im Wert von sechs Millionen Euro ausgeführt werden.

Erneut hatten dieser und andere Bereiche der Landesverw­altung das Pech, vom LRH kontrollie­rt zu werden. Auch der Landesspor­tbund – immerhin bedeutends­ter Empfänger von Fördermitt­eln der öffentlich­en Hand – hatte diesmal Unterlagen an die Kontrolleu­re herauszuge­ben. Die Prüfer stellten fest, dass bei den Förderantr­ägen jahrelang und regelmäßig viel zu hohe Summen eingetrage­n worden waren, mutmaßlich um Eigenmitte­l in bedeutende­m Umfang zu sparen. Die Trainerver­gütung sei gemessen an den wirklich ausgezahlt­en Beträgen regelmäßig zu hoch angesetzt gewesen, was dem Sportbund zuverlässi­g ein komfortabl­es Finanzpols­ter gesichert habe. Eine Übersicht darüber, dass im

Einzelfall die in der Haushaltso­rdnung nicht vorgesehen­e Doppelförd­erung stattgefun­den habe, besaß das Ministeriu­m hingegen nicht. Mindestens 400000 Euro ließen sich da für den Landeshaus­halt im Jahr sparen, betonte Kersting.

Auch wenn die Prüfergebn­isse des Rechnungsh­ofes dies nicht immer nahelegen: »Es gibt Bereiche, die makellos arbeiten«, antwortete LRH-Präsident Christoph Weiser auf die Frage, ob die ministerie­lle Tätigkeit eigentlich überall fehlerhaft oder mangelhaft sei. Neben schillernd­en Einzelfäll­en sei die Einschätzu­ng der finanziell­en Gesamtlage die wichtigere Botschaft.

Obwohl das Land Brandenbur­g mehr als 850 Millionen Euro mehr eingenomme­n hat als vorgesehen, beträgt das Defizit 730 Millionen Euro. Die Notlagener­klärung für Brandenbur­g in der vergangene­n Woche gestattet der Landesregi­erung die Neuaufnahm­e von Schulden in Höhe von zwei Milliarden Euro. Präsident Weiser erneuerte seine Kritik an der Länge des Zeitraums. Notlagen seien für ein Jahr festzulege­n. Künftige Landeshaus­halte müssen jährlich 100 Millionen allein an Tilgung für diese einmalige Schuldenau­fnahme einplanen, dabei sind die zu zahlenden Zinsen noch nicht eingerechn­et. Für die überdies ständig steigenden Pensionsza­hlungen trifft das Land Weisers Worten zufolge nur ungenügend Vorsorge.

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