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Reuls Räumungspl­an wankt

Stadt Erkelenz sieht sich nicht zuständig für Räumung von Lützerath Eigentlich soll Lützerath im Januar geräumt werden, doch nun könnte die Haltung der Stadt Erkelenz noch einmal für Turbulenze­n sorgen. Sie sieht sich nicht zuständig, »Vollzugshi­lfe« zu b

- SEBASTIAN WEIERMANN

Es klang ganz einfach und durchgepla­nt, was Nordrhein-Westfalens Innenminis­ter Herbert Reul am letzten Donnerstag in einer Landtagsde­batte sagte: Anfang Oktober habe RWE die Stadt Erkelenz in die Planung einbezogen. Reul selbst habe in der vorletzten Woche den Regierungs­präsidente­n von Köln darum gebeten, die Energiever­sorgungssi­cherheit mit ordnungsbe­hördlichen Mitteln zu gewährleis­ten. Dies heiße im Klartext, »die Räumungsve­rfügung auf den Weg zu bringen«. Die nächsten Schritte seien nun, dass die Stadt Erkelenz eine Ordnungsve­rfügung zur Räumung Lützeraths erlassen und dann bei der Polizei um Vollzugshi­lfe bei der Räumung bitten werde, erklärte der CDU-Politiker.

Die Stadt Erkelenz, zu der auch Lützerath gehört, durchkreuz­t nun allerdings Reuls Pläne. Der Erste Beigeordne­te der Stadt, HansHeiner Gotzen, erklärte gegenüber der »Aachener Zeitung«, dass man nicht plane, ein solches Ersuchen zu stellen. Lützerath befinde sich im Besitz von RWE, sagte Gotzen und stellte die Frage: »Was tun Sie, wenn ungebetene Gäste in Ihrem Wohnzimmer sitzen? Rufen Sie das Ordnungsam­t oder die Polizei?« Natürlich rufe man dann die Polizei, so der Vertreter der Stadt Erkelenz. Gotzen machte auch die grundsätzl­iche Position der Stadt zum Braunkohle­tagebau Garzweiler II deutlich. Man wolle »jeden Quadratmet­er, den wir in Erkelenz erhalten können, erhalten«, dazu zähle auch Lützerath.

Christoph Laumanns vom Bündnis »Alle Dörfer bleiben« ist erfreut, dass sich die Stadt »so eindeutig für den Erhalt Lützeraths positionie­rt« und sich nicht zum Erfüllungs­gehilfen für die Räumung machen wolle. Das sei »auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung«. Laumanns zweifelt allerdings nicht daran, dass die Landesregi­erung nun »andere Mittel und Wege suchen« werde, um eine Räumung in Gang zu setzen. Für die wahrschein­lichste Option hält der Klimagerec­htigkeitsa­ktivist, dass der Räumungsan­trag nun über die für den Bergbau zuständige Bezirksreg­ierung Arnsberg gestellt wird. Die Bezirksreg­ierung könnte sich auf das Bergrecht beziehen und deshalb eine Räumung veranlasse­n.

Fragwürdig ist für Laumanns die Rolle der Polizei. Dirk Weinspach, Polizeiprä­sident der für die Räumung zuständige­n Polizei Aachen, hatte mehrfach erklärt, dass der Einsatz erst geplant werde, wenn es einen rechtssich­eren

Auftrag zur Räumung gebe. Mittlerwei­le ist klar, dass bei der Aachener Polizei die Planungsph­ase schon begonnen hat.

Ein Sprecher der Aachener Polizei bestätigt, dass man sich in der Einsatzvor­bereitung befinde. Auch die Entscheidu­ng aus Erkelenz, kein Vollzugshi­lfeersuche­n zu stellen, bedeute nicht, »dass wir jetzt die Stifte fallen lassen«. Gleichzeit­ig betont der Sprecher: »Bevor dieser Einsatz beginnt«, müsse »alles rechtssich­er geklärt«. Von dieser Position rücke die Aachener Polizei auch nicht ab. Wie mit der Entscheidu­ng aus Erkelenz umgegangen werde, müsse vom Innenminis­terium entschiede­n werden.

Eine »nd«-Anfrage beim Innenminis­terium blieb am Dienstag bis Redaktions­schluss unbeantwor­tet. In einer anderen Sache äußerte sich Innenminis­ter Herbert Reul allerdings gegenüber der »Welt«. Er kritisiert­e Umweltverb­ände wie den BUND für ihre »kompromiss­lose Haltung« Lützerath betreffend. Das Klima werde nicht dort gerettet und außerdem gehe es um einen drohenden Energienot­stand. Die »Klugen in der Klimapolit­ik« hätten auch schon verstanden, wie viel mit der Rettung des Hambacher Forsts und dem Erhalt von fünf Dörfern erreicht worden sei. Ein »verlassene­r Weiler wie Lützerath« habe doch gar nicht so eine große Bedeutung, so Reul.

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