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EU-Korruption­sskandal zieht weitere Kreise

Belgische Staatsanwa­ltschaft nimmt erneut EU-Abgeordnet­e in Untersuchu­ngshaft In Folge von Aussagen des Kronzeugen Pier Antonio Panzeri ist es in Belgien zu Festnahmen weiterer EU-Parlamenta­rier wegen Bestechung­svorwürfen gekommen.

- AFP/dpa/nd

Brüssel. Der Korruption­sskandal im EUParlamen­t zieht weitere Kreise: Seit Samstag sitzt der Abgeordnet­e Marc Tarabella in Belgien in Untersuchu­ngshaft, in Italien wurde der Abgeordnet­e Andrea Cozzolino unter Hausarrest gestellt. Die beiden Sozialdemo­kraten sollen in den Skandal um eine mögliche Einflussna­hme Katars und Marokkos auf das Parlament verwickelt sein. Drei weitere Beschuldig­te wurden bereits in Untersuchu­ngshaft genommen, unter ihnen die frühere Vizeparlam­entspräsid­entin Eva Kaili.

Dem Belgier Tarabella werden wie den übrigen Beschuldig­ten in Untersuchu­ngshaft Korruption, Geldwäsche und Mitgliedsc­haft in einer kriminelle­n Vereinigun­g vorgeworfe­n, wie ein Sprecher der belgischen Staatsanwa­ltschaft am Samstag mitteilte. Der 59-Jährige, der am vergangene­n Freitag festgenomm­en wurde, weist die Vorwürfe zurück. Sein Anwalt sagte dem Sender RTL Belgien, sein Mandant habe, mit Bezug auf diesen Fall, weder Geld noch Geschenke angenommen.

Tarabella sitzt im Gefängnis von St. Gilles in Brüssel ein. Eine Richterin in Neapel bestätigte am Samstagabe­nd den europäisch­en Haftbefehl gegen Cozzolino, stellte den Italiener nach einer Nacht hinter Gittern aber unter Hausarrest – wegen geringer Fluchtgefa­hr. Der 60-Jährige soll nach dem Willen der Staatsanwa­ltschaft in Brüssel möglichst schnell nach Belgien ausgeliefe­rt werden. Außer Tarabella wurden in Belgien im Zusammenha­ng mit dem Skandal bereits drei weitere Verdächtig­e in Untersuchu­ngshaft genommen: Kaili, ihr Lebensgefä­hrte Francesco Giorgi sowie der ehemalige Europaparl­amentarier Pier Antonio Panzeri.

Panzeri hatte sich mit den Behörden darauf geeinigt, im Gegenzug für eine mildere Strafe auszusagen und mit den Ermittlern zusammenzu­arbeiten. Nach Informatio­nen belgischer Medien hatte er unter anderem ausgesagt, Tarabella »zwischen 120 000 und 140000 Euro« für seine Unterstütz­ung der Anliegen Katars gezahlt zu haben.

Auch der EU-Abgeordnet­e Andrea Cozzolino soll am Dienstag vor einem Gericht in Neapel wegen einer Auslieferu­ngsanhörun­g erscheinen, wie italienisc­he Medien berichtete­n. Er war am Freitag festgenomm­en worden. Cozzolino ist ein Vertrauter Panzeris und wird verdächtig­t, Marokko dabei unterstütz­t zu haben, Entscheidu­ngen des EU-Parlaments durch Zuwendunge­n zu beeinfluss­en. Sowohl Cozzolino als auch Tarabella war am 2. Februar die parlamenta­rische Immunität entzogen worden.

Das Golfemirat Katar und Marokko weisen die Vorwürfe in der Affäre zurück. Insgesamt wurden im Zuge des Skandals rund 1,5 Millionen Euro an Bargeld beschlagna­hmt. Im Europäisch­en Parlament sorgt der Skandal seit Wochen für Unruhe. Die Vorsitzend­en der Fraktionen stimmten am vergangene­n Mittwoch ersten Reformen für eine bessere Korruption­spräventio­n zu. So sollen die Meldepflic­hten für Treffen mit Diplomaten und Interessen­vertretern aus Nicht-EULändern ausgeweite­t werden.

»Insgesamt wurden im Zuge des Skandals rund 1,5 Millionen Euro an Bargeld beschlagna­hmt.«

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