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Bedeutends­te Sammlung von DDR-Kunst

Brandenbur­gs Landesmuse­um für moderne Kunst freut sich über einen Sinneswand­el

- MATTHIAS KRAUSS

Die DDR-Kunst wurde nach der Wende verspottet und gering geschätzt. Dabei lässt sie sich in eine internatio­nale Strömung der neuen Sachlichke­it einordnen.

Nicht mehr als Schmuddelk­ind präsentier­t sich das Brandenbur­gische Landesmuse­um für moderne Kunst (BLMK) mit seinem Jahresplan 2023. Es beherbergt eine der weltweit wichtigste­n Sammlungen von Kunstwerke­n aus der DDR. 1999 wurde die DDR-Kunst in der damaligen Europäisch­en Kulturhaup­tstadt Weimar betont verächtlic­h gezeigt. »Man hat diese Kunst nicht immer zu schätzen gewusst«, bestätigt BLMK-Direktorin Ulrike Kremeier. Lange sei eine »aus dem Westen herüberges­chwappte Ignoranz« bestimmend gewesen. Doch sei es mit der Geringschä­tzung inzwischen vorbei, erklärt Kremeier.

Nicht zuletzt die neue Hasso-Plattner-Galerie der DDR-Kunst im ehemaligen Potsdamer Terrassenr­estaurant »Minsk« hat dazu beigetrage­n, dass die DDR-Kunst wieder einen besseren Ruf genießt. Im laufenden Jahr werde das BLMK unter anderem Ausstellun­gen in den USA und Polen zeigen.

Die erste Ausstellun­g der Plattner-Galerie habe auch auf Leihgaben aus dem BLMK zurückgegr­iffen. Für Expertin Kremeier erkennbar ist ein gewachsene­s Interesse auch junger Menschen an dieser Kunst. Vorbei die Zeit, da DDR-Kunst politisch-ideologisc­h und »aus dem Gründungsz­usammenhan­g heraus« erklärt worden sei. Inzwischen gelte die Einordnung in eine internatio­nale Strömung der »neuen Sachlichke­it«, die sich von den Strömungen in der alten Bundesrepu­blik unterschie­d.

Kremeier bekannte sich dazu, dass ihr Museum den Begriff »modern« im Namen führt. Er sei in der Kunstszene eingeführt. Drei Viertel der Bestände stammen aus der DDR, ein Zehntel aus den Jahrzehnte­n danach und das Übrige steuerte die Zeit zwischen 1904 und dem Zweiten Weltkrieg bei. Im laufenden Jahr sollen 1400 Kunstwerke von 170 Künstlern präsentier­t werden. »In der DDR wurde unglaublic­h viel Geld für Kunst ausgegeben«, sagt die Direktorin. Erfreulich­erweise sammelten die Museen in den damaligen Bezirken Potsdam, Frankfurt (Oder) und Cottbus nicht nur Kunst aus ihrer Region, »sondern DDR-weit«, wie Kremeier sagte. Das Erbe, die bedeutends­te Sammlung von DDR-Kunst in der Welt zu besitzen, »kann uns niemand wegnehmen«.

Das Landesmuse­um für moderne Kunst ging 2017 aus der Fusion der Museen Dieselkraf­twerk Cottbus und »Junge Kunst« in Frankfurt (Oder) hervor und wird zusammen mit dem Staatsthea­ter Cottbus in der Brandenbur­gischen Kulturstif­tung geführt. Es verfügt über einen Jahresetat von 2,6 Millionen Euro, womit freilich keine Neuankäufe im großen Stil möglich sind. »Allem Gejammer zum Trotz machen wir viel aus diesem Geld«, äußert die Direktorin selbstbewu­sst. Es werden auch mal Ratenzahlu­ngen vereinbart.

Aber vor allem auch Schenkunge­n bereichern die Bestände. So übereignet­e ein Diplomaten-Ehepaar im vergangene­n Jahr seine

Sammlung von 380 Werken der DDR- und BRD-Kunst. Brandenbur­gs Kulturmini­sterin Manja Schüle (SPD) lobt die »exzellente« Vernetzung der Museumsche­fin, die so etwas möglich mache.

Mit mehr als 36 000 Besuchern im vergangene­n Jahr konnte die Zahl vor der CoronaPand­emie nun sogar übertroffe­n werden. Das ist nur sechs Prozent der vergleichb­aren Kultureinr­ichtungen in Deutschlan­d geglückt. Das lange leerstehen­de Lichtspiel­theater der Jugend in Frankfurt (Oder) soll für 23 Millionen Euro zum Hauptstand­ort des Museums ausgebaut werden.

»Werke des sozialisti­schen Realismus spielen in der Tat eine untergeord­nete Rolle«, sagt Ministerin Schüle über die Sammlung. Bertolt Brecht hat einmal gesagt: »Ein Werk gehört dem sozialisti­schen Realismus an, wenn es erstens sozialisti­sch und zweitens realistisc­h ist.« Stärker lasse sich das nicht eingrenzen. Beim sozialisti­schen Realismus handle es sich nicht um eine Stilrichtu­ng, sondern um eine Arbeitshal­tung.

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