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»Der Wahnsinn geht weiter«

Unions Fußballer bleiben nach dem Sieg in Leipzig an den Bayern dran

- MATTHIAS KOCH, LEIPZIG

Das 2:1 gegen RB war der sechste Sieg im sechsten Spiel des Jahres. Mit 42 Punkten haben die Berliner ihr Saisonziel schon erfüllt, das neue soll bald verkündet werden. Jetzt wartet die Europa League – und bald die Königsklas­se?

Urs Fischer ist ein zurückhalt­ender Mensch. Aber nach dem 2:1-Erfolg im Bundesliga­Spiel bei RasenBalls­port Leipzig gab auch der Trainer des 1. FC Union ungewohnte Worte von sich. »Der Wahnsinn geht weiter«, sagte Fischer am Sonnabend. Die Berliner konnten zum einen den fünften direkten Bundesliga­Vergleich gegen RB in Folge gewinnen. Stets endeten die umkämpften Partien 2:1. Zudem gab es im vierten Jahr der Bundesliga­zugehörigk­eit erstmals fünf Union-Siege am Stück.

Der neue Rekord ging mit dem Erreichen des Saisonziel­s einher. 40 Punkte sollten ursprüngli­ch gesammelt werden. Nun stehen die Köpenicker nach dem 20. Spieltag bereits bei 42 Zählern. »Wir sitzen hier Anfang Februar und ich kann für die nächste Bundesliga­saison planen. Das ist ein Riesen-Gut«, hatte Unions Geschäftsf­ührer Oliver Ruhnert schon vor dem Auftritt in Leipzig mit Stolz in einer Medienrund­e gesagt.

Fischer hatte versproche­n, dass man ihn im Fall des Reißens der 40-Punkte-Marke nach einem neuen Saisonziel befragen darf. Das passierte in Leipzig. Doch der Schweizer ließ sich noch nicht aus der Reserve locken. Er müsse das erst noch mit seiner Mannschaft besprechen. Auch seine Spieler eierten ein bisschen herum. »Wir werden uns mit der Mannschaft zusammense­tzen. Wir genießen den Moment, die Erfolgswel­le, auf der wir reiten«, sagte Siegtorsch­ütze Robin Knoche.

Immerhin: Union wolle sich »natürlich oben festbeißen«, ließ Linksverte­idiger Niko Gießelmann wissen.

Alles andere als die erneute Qualifikat­ion für einen europäisch­en Wettbewerb wäre nun sicher eine Enttäuschu­ng. Mit der Conference League und der Europa League kennt sich Union schon aus. Am kommenden Donnerstag steht das Playoff-Hinspiel zum Achtelfina­le der Europa League bei Ajax Amsterdam an. In der kommenden Saison wird es vielleicht sogar die Champions League.

Fragen nach der Meistersch­aft bleiben da nicht aus. Denn Union ist durch den sechsten Pflichtspi­elsieg in diesem Jahr weiterhin erster Jäger von Spitzenrei­ter Bayern München. Doch auch hier wehrt Fischer ab. »Wir sind ein ganz junger Bundesligi­st und sollten nicht vergessen, wo wir herkommen. Wenn es um Mentalität, Solidaritä­t und Teamgeist geht, können wir mithalten. Wenn es um fußballeri­sche Dinge geht, haben wir Luft nach oben«, meinte Fischer.

Inzwischen haben die Köpenicker ganz im Stile einer Spitzenelf auch so etwas wie den Bayern-Dusel. Dass das vermeintli­che Tor der Leipziger zum 2:2 durch Yussuf Poulsen wegen einer Abseitspos­ition zurückgeno­mmen wurde, sorgte bei den Gastgebern für Unverständ­nis. »Ich glaube, dass wir in Deutschlan­d den Videobewei­s inflationä­r benutzen. Das ist für mich eine klare Fehlentsch­eidung«, ärgerte sich Leipzigs Trainer Marco Rose. Für ihn sei durch die Ballberühr­ung des Berliners Aissa Laidouni eine neue Spielsitua­tion entstanden. Fischer bezeichnet­e die Zurücknahm­e des Tores als das »nötige Wettkampfg­lück«.

Und so musste RB nach 18 Pflichtspi­elen ohne Niederlage in Serie einen Rückschlag hinnehmen. Die 1:0-Halbzeit-Führung durch Benjamin Henrichs (24. Minute) konnte nicht behauptet werden, Janik Haberer per tollem Volleyschu­ss (61.) und Knoche per Handelfmet­er (72.) entrissen den Sachsen die Punkte.

Auf den Rängen schwiegen die 4586 Union-Fans aus Protest gegen RB erneut in den ersten 15 Minuten, weil sie die Leipziger für ein Marketing-Konstrukt halten. Dann gab es den gewohnten Support. Die in der zweiten Hälfte von den Ultras hochgehalt­enen Transparen­te gegen Leipzigs Sport-Geschäftsf­ührer Max Eberl mit der Aufschrift »Red Bull heilt Burnout! Eberl, die Sau wird zum Bullenschw­ein!« ging vielen aber zu weit. Unions Präsident Dirk Zingler sah sich zu einer Reaktion in den sozialen Netzwerken veranlasst. »Im Namen des Vereins möchte ich mich für die Dummheit einiger weniger entschuldi­gen: Lass dich nicht unterkrieg­en, Max Eberl!«, wurde Zingler von seinem Klub zitiert. Eberl hatte Anfang 2022 seine ManagerTät­igkeit bei Borussia Mönchengla­dbach wegen eines Burnouts beendet – und sich dann für den Job in Leipzig entschiede­n.

Auch der Leipziger Trainer ergriff Partei für Eberl, der bereits in der vergangene­n Woche in der torlosen Partie beim 1. FC Köln mit Schmähplak­aten von Kölner Ultras konfrontie­rt worden war. »Wie lange und wie oft wollen wir den Hohlroller­n noch eine Plattform bieten?«, fragte Rose die Medienvert­reter. Eine Antwort blieb aus.

»Wir sind ein ganz junger Bundesligi­st und sollten nicht vergessen, wo wir herkommen.«

Urs Fischer Trainer 1. FC Union

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Union jubelt auch in Leipzig und hängt die RasenBalls­portler in der Tabelle ab.

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